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Uhrmeister und Glöckner im öffentlichen Signalwesen

Reinhard Strohm

Die öffentliche Signalfunktion der Turmuhr[10] erforderte ursprünglich einen angestellten Türmer, der das Weckzeichen der Uhr befolgte, um die Turmglocke anzuschlagen (» E. Kap. Uhren). Nach und nach bekamen Turmuhren jedoch eigene Schlagwerke, so dass der Türmer sie nicht mehr selbst bedienen musste. Eine frühe Kirchenrechnung von St. Stephan in Wien belegt vielleicht die Einrichtung eines Schlagwerks: Im Jahre 1417 versah Meister Hanns von Prag die Uhr mit “Hamerstil, Schewe und Hamergerust”, wofür er 3s. 15d. erhielt.[11] An St. Michael in Wien entlohnte der Kirchmeister in den Jahren 1433, 1435, 1444, 1446 und 1483 einen „”Uhrmeister”, der 1444 die Zifferblätter (neu) zu malen und 1483 die Uhr insgesamt neu zu renovieren hatte.[12] Spezialisierte Handwerker wie diese waren vermutlich für viele Kirchen tätig, wenn nicht sogar für verschiedene Städte.

Natürlich waren nicht alle Dienste permanent besetzt. Als der Wiener Stadtrat im Jahre 1379 Glockenläuter zu jedem Quatember (Vierteljahr) bezahlte, waren diese nicht etwa der Kirchmesner und seine Gehilfen (die von der Kirche selbst entlohnt wurden), sondern eigens von der Stadt engagierte Personen.[13] Zusätzliche Glockenläuter wurden oft zu besonderen Anlässen engagiert; unter diesen kurzfristig verpflichteten “Knechten” könnten auch arbeitslose Musiker gewesen sein. Die Stadtverwaltungen, die fast überall Mitverwalter oder gar Besitzer mindestens einer Kirchenglocke waren, setzten Glockengeläut nicht nur zum Stundenschlag ein, sondern auch zur zivilen Warnung und rechtlich relevanten Mitteilungen wie nächtlichen Ausgangssperren und der Verkündigung des Marktfriedens zu Beginn der Markttage.[14]

Zahlreiche Belege betreffen die Anfertigung und Erneuerung der Turmglocken in Wien, wobei Glockengießer (für den Mantel) und Schlossermeister (für Schwengel und Aufhängung) auch namentlich bekannt werden.[15] In der Stadtrechnung von 1369 ist ein “ulrich glokkengiesser” genannt; einer desselben Namens hinterlässt 1425 ein Testament.[16] Im Jahre 1451 war der Glockengießer, Thomas Kren, zugleich städtischer “Büchsenmeister”, also Waffenschmied (» E. Wiener Glocken und Glöckner). Einen Glockengießer zu Linz erwähnen die Steuerregister der Stadt von 1504 und 1505 zusammen mit einem nicht namentlich genannten Saitenmacher.[17]

[10] Vgl. Schusser 1986, 13, mit Abb. Kat. Nr. 3.

[11] Uhlirz 1902, 344; auch der geringe Lohn widerspricht der Ansicht, im Jahre 1417 sei eine Räderuhr mit Schlagwerk “angefertigt worden” (Schusser 1986, 13). Ein Hanns von Prag bzw. ein Schlosser Hans von Pehaim (Böhmen) ist in den Dombau-Rechnungen seit 1404 erwähnt.

[12] Perger, Baugeschichte 1988, 80.

[13] A-Wn Cod. 14234 (Wiener Stadtrechnung 1368–1403), fol. 42r.

[14] Żak 1979, 134.

[15] Czernin 2011, 103, nach Weissenbäck-Pfundner 1961.

[16] A-Wn Cod. 14234 (Wiener Stadtrechnung 1368–1403), fol. 15v; Schusser 1986, 123 (Zoltan Falvy).

[17] Wessely 1951, 105.