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Verschiedene Aufgaben der Stadttrompeter

Reinhard Strohm

Stadttrompeter waren selbst an Kriegszügen beteiligt, so etwa 1438, als die Stadt Wien in einem Nachspiel der Hussitenkriege zur Unterstützung von König Albrecht II. gegen den Tabor zog (» E. Städtisches Musikleben), und verschiedene andere Male. 1451 wurde ein Knecht ersatzweise als Turmwächter auf St. Stephan eingestellt, „als ein Türmer mit den Söldnern ausgeritten ist“. Und laut derselben Stadtrechnung verpflichtete man einen anderen Knecht als Ersatzmann für einen Türmer, als „die lantschaft beyeinander sint gewesen“, d. h. bei einer der niederösterreichischen Ständeversammlungen (Landtage) im Rathaus, zu denen Trompeter aufspielen mussten. [44]

1476 sandte die Stadt Wien ihren Trompeter Meister Erhart (Lindner) und dessen Sohn Franz nach Wiener Neustadt zu „unserm genedigen jungen herren herzogen Maximilian“ auf dessen Anforderung und belohnte den Vater mit 2 tl. d., den Sohn mit 1 tl. d. [45] Hier ist eher an musikalische Unterhaltung als an Repräsentation zu denken. Eine Urkunde vom 1. Mai 1444 bezeugt, dass die Stadt zur Hochzeit des Adligen Christoph von Lichtenstein zu Nikolsburg ihre eigenen Trompeter zur Verfügung stellte und bezahlte, was er durch sein Gesuch um eine zusätzliche Nachzahlung bekräftigte.[46] Zu fragen ist allerdings, auf welche Weise Trompeter bei Hochzeiten eingesetzt wurden. Als Begleitung zum Tanz sind Trompeten weder ikonographisch noch archivalisch ausreichend belegt. Eher benötigte man sie wohl als Statussymbol und für die Begrüßung von Gästen oder auch beim Gastmahl.[47]

Es gab in Wien auch eine Tanzstätte unter freiem Himmel, nämlich neben der Wachtstube vor dem Werdertor, die vielleicht für bürgerliche Hochzeiten benützt wurde;[48] hier könnte laute Musik von Trompetern, Pfeifern und Paukern willkommen gewesen sein.

Die Aufgaben von Trompetern erstreckten sich in jedem Fall über verschiedene Bereiche und Aktionsfelder der damaligen Gesellschaftsordnung. Die von ihnen erwartete Zusammenarbeit mit anderen Musikern (Pfeifern, Paukern, Trommlern usw.) variierte von Ort zu Ort beträchtlich. Nach den Kirchenrechnungen von St. Stephan waren bereits 1417 „Trompeter und Pauker“ in der Fronleichnamsprozession beschäftigt; am Fronleichnamstag 1436 spendierte der Bürgermeister den Trompetern und Pfeifern „Frühstück, Mahl und Trinkgeld“, wahrscheinlich weil sie in der Prozession gespielt hatten.[49] 1436 wurde ein Pauker mit Zehrgeld von 6 s. d. für seinen Dienst beim Scharlachrennen (» E. SL Scharlachrennen) – wo er vermutlich zusammen mit den Stadttrompetern spielte – belohnt.[50] Nicht nur Trompeter, sondern auch andere Musiker wurden häufig als berittene Boten eingesetzt: 1459 entlohnte die Stadt zwei Pfeifer und einen Posaunisten, die die freudige Nachricht von der Geburt Erzherzog Maximilians brachten.[51] (Zu weiteren Einzelheiten des Einsatzes von Trompetern in der Stadt vgl. » E. Städtisches Musikleben.[52])

[44] OKAR 11 (1451), fol. 56r.

[45] OKAR 39 (1476), fol. 31r.

[46] Schusser 1986, 117, Nr. 98 (Klaus Lohrmann). Die Vermutung, dass „selbst der Hof damals über keine ständigen Musiker verfügte“, ist natürlich unhaltbar.

[47] Die Speierische Chronik berichtet zu einem Festmahl im Rahmen des Treffens Kaiser Friedrichs III. mit Karl den Kühnen 1473 in Trier von dem Einsatz von Trompetern und weiteren Musikern: Es wurden 33 Gänge aufgetragen und „wann man zu tische trug, so gingen vor dem essen 10 trumpter, 3 pfiffer, 2 pussuner“; nach dem letzten Gang bliesen zuerst die zehn Trompeter im Saal, dann spielte ein gemischtes Alta-Ensemble von drei Trompetern, vier Pfeifern und zwei Posaunisten, im Anschluss daran die Ensembles leiser Instrumente (Speierische Chronik. Von 1406 bis 1476, in: Quellensammlung der  badischen Landesgeschichte 1, hrsg. von Franz Josef Mone, Karlsruhe 1848, 367–520, hier 509 f.).

[48] Schusser 1986, 142, Nr. 122.

[49] Uhlirz 1902, 338 (1417) bzw. OKAR 4 (1436), fol. 100r. Allgemein zu Trompetern in der Fronleichnamsprozession vgl. Altenburg 1984.

[50] OKAR 4 (1436), fol. 32v.

[51] OKAR 17 (1459), fol. 34v.

[52] Die Aufgaben von Stadttrompetern in süddeutschen Stadten erläutert Green 2011. Viele ikonographische Belege zur Trompetenverwendung bei Bowles 1977; zum Zusammenspiel mit anderen Musikern vgl. besonders S. 138.