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Tanzfeste, Hochzeiten

Reinhard Strohm

Die Herzöge besaßen seit 1400 in Wien ein Gästehaus neben der Ruprechtskirche, genannt “Praghaus”, das ihnen von der Familie Tirna abgetreten worden war; es war mit Wehrtürmen befestigt und bisweilen als Staatsgefängnis im Gebrauch. Doch wurde es öfters für festliche Tanzvergnügungen verwendet. Wahrscheinlich war dies bereits der Fall im Jahre 1426 bei einem Besuch des Königs von Portugal (1426, fol. 31v). Bei den Freudenfeiern zur ungarischen Krönung Albrechts II. 1438 hielt der Stadtrat dort ein Bankett mit Tanz ab (1438, fol. 26v). Später scheinen solche Veranstaltungen öfter in Privathäusern stattgefunden zu haben. Kaiserin Eleonore tanzte 1458 “mit den burgern” im Haus des Apothekers Vincenz Hackenberger (1458, fol. 40r); am Neujahrstag 1476 gab Niklas Teschler in seinem Haus (Regensburger Hof), wo schon Kaiser Sigismund und Friedrich III. zu Gast gewesen waren, ein Fest für den sechzehnjährigen Maximilian mit Tanz (1476, fol. 75r). Der Rat bezahlte 1 tl. an die “Lautenschlager, die dem bemeltenn unnseren genedigisten jungenn hernn zu tannz geslagen habenn” (1476, fol. 38r).[48]

Trotz städtischer Luxusordnungen war Musik bei adligen und bürgerlichen Hochzeiten prominent und sogar ständeübergreifend. Außer den eigentlichen Tanzmusikern wurden jedenfalls von Adligen auch Trompeter herangezogen, wohl vor allem zur Begrüßung der Gäste. Von der Amberger Fürstenhochzeit 1474 ist allerdings bezeugt, dass man sogar zu der Musik der Trompeter tanzte.[49]

In Wien gab es eine seit 1402 belegte Tanzstätte unter freiem Himmel neben der Wachtstube vor dem Werdertor; sie wurde wohl für bürgerliche Hochzeiten benützt (» E. Kap. Verschiedene Aufgaben). Zusätzlich zu Fanfaren und Begrüßungen durch Trompeten, Pfeifer und Pauken konnten dort die Tanzinstrumente Einhandflöte und Trommel (» Instrumentenmuseum Einhandflöte und Trommel) eingesetzt werden, aber auch Laute und Fidel. 1436 ist der Lautenist Stephan Scherer aktenkundig für sein “hofieren im Werd”.[50]

Zu Adelshochzeiten in der Stadt gab es festliche Prozessionen der Braut zur Messe mit Musikbegleitung; eine solche Zeremonie – als Szene aus dem Marienleben dargestellt – scheint realistisch festgehalten in einem Fresko der Bozner Johanneskapelle, die um 1330 für die aus Florenz stammende Bozner Familie de‘ Rossi (Botsch) ausgemalt wurde (» Abb. Hochzeitsfestzug Marias).

 

Abb. Hochzeitsfestzug Marias mit zwei Fiedelspielern und musizierenden Engeln.

Wandmalerei der Veroneser Giotto-Nachfolge in der Johanneskapelle des Dominikanerklosters in Bozen, für die Familie Bozzo de’ Rossi (Botsch), um 1330. Die schwarz-weiß gestreifte Kleidung der Spielleute entspricht dem Wappen der Familie Botsch. © Wikimedia Commons.

Fürstliche Hochzeiten anderswo hatten ebenfalls Festklänge in Wien zur Folge. So erhielten durchreisende Trompeter des Königs Matthias Corvinus von Ungarn von der Stadt 3tl. d., als sie von der Hochzeit Herzog Georgs von Landshut mit Hedwig von Polen (1475) zurückkamen; gleichsam im Gegenzug entlohnte man Trompeter des Herzogs Ludwig von Bayern-Landshut mit ebenfalls 3tl. d., als sie 1476 zur Hochzeit des Ungarnkönigs Matthias Corvinus mit Beatrice von Aragon nach Buda zogen (1476, fol. 37v bzw. 37r).[51]