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Mäzenatentum der Fürsten für städtische Musiker

Reinhard Strohm

Der Innsbrucker Hof war freigebig gegenüber fremden Musikern und wurde von diesen oft aufgesucht. Unter den Besuchern waren auswärtige Stadtmusiker sowie Kapellsänger und einzelne MusikerInnen, die bei Hofe vortrugen (» D. Hofmusik. Innsbruck). Zum traditionellen Mäzenatentum der Fürsten kam im 14.-15. Jahrhundert eine verstärkte Reisebewegung in den eigenen, z.T. weit verstreuten Territorien (» D. Advenisti. Fürsten). Herzog Friedrich IV. (1406–1439) gab trotz seines Beinamens “Friedel mit der leeren Tasche” erhebliche Beträge auf Reisen aus, so etwa im Rechnungsjahr 1416–17 allein in Sterzing 13 mr. 7 lb. (137 lb.) für “Spielgeld, Opfergeld, Trinkgeld, Schulergeld” und für die “Hoftöchter”, wobei das “Trinkgeld” Musikern und anderen Hofierern zukam.[107] Von “einer oberösterreichischen Fürstin” (Friedrichs Gemahlin Anna von Braunschweig?) erhielten 1431 in München ein Lautenschlager und ein Harfner 2 fl., die Stadtspielleute in Augsburg 5 fl.[108] Friedrichs Sohn Erzherzog Siegmund vergnügte sich gern auf Reisen; am 21. Oktober 1454 entlohnte er “vier Pfeifer, die dem Herzog zu Bozen in des Gfellers Haus zum Tanz gepfiffen”, mit 4 fl.[109] In Siegmunds späteren Raitbüchern kommen gelegentlich Zahlungen an städtische Musiker vor, z.B. belohnte er 1463 die Stadtpfeifer von Lindau mit 1 rheinischen Gulden in Gold, und 1467 die Pfeifer von Villingen (Schwarzwald) mit 4 lb.[110]

Von hervorragender Bedeutung für die Geographie des Spielmannswesens sind die Reiserechnungen Erzherzog Albrechts VI. von Österreich aus den Jahren 1443–1446.[111] Der freigebige, ja vergnügungssüchtige Fürst reiste einerseits zwischen Residenzen in der Steiermark, Kärnten und Wien hin und her, andererseits besuchte er die Vorlande mit den habsburgischen Niederlassungen Freiburg i.Br., Villingen und Rottenburg/Neckar. Die Ausgaben für städtische Musiker, die Herzog Albrecht auf seinen Reisen hörte, waren folgende:[112]

1444 (Hs. 158):

Wien, „der burger trummeter“ 14 s. (fol. 8r);
Straubing, “der stat zu Straubing pheiffern” 2 lb. 6 d. (fol. 30r);
Regensburg, “der stat pheiffern” 2 fl. (= 10 s. 20 d.) (fol. 30v);
Nürnberg, “der stat pheiffern und trummetern” 2 fl. (= 10 s. 24 d.) (fol. 33r);[113]
Schwabach, “dem turner” 28 d. (fol. 38v);
Ulm, “der stat pheiffern” 3 fl. (fol. 39r)
Ulm, “des vom helffenstain und der stat zu ulm lautenslahern” 1 fl. (fol. 39v);
Reutlingen, “der stat pheiffern” 11 s. 12 d. (fol. 40r);
Rottenburg/Neckar, “der stat pheiffern” 3 fl. (fol. 40v);
Rottenburg/Neckar, “zwayn leyrern” 38 d. (fol 40v);
Rottweil, “der stat pheiffern” 2 fl. (fol. 41r);
Villingen, “der stat pheiffern” 1 fl. (fol. 41v);
Freiburg i.Br., “der stat pheiffern” 1 fl. (fol. 72v);
Winterthur, “der stat pheiffern” 2 fl. (fol 76v);
Konstanz, “dreyn pheiffern” 1 fl. (fol. 82v);
 

1445 (Hs. 203, Heft 1):

Riedlingen, “den pheiffern” 3 gr. (fol. 2v);
Villingen, “den trommittern und pheifern” 10 gr. (fol. 3r);
Regensburg, “den pheiffern” 24 d. (fol. 5r).

Während solche gewohnheitsmäßige Freigebigkeit gegenüber Musikern noch die Tradition fürstlicher milte (Freigebigkeit) widerspiegeln mag und bei Albrecht VI. politische Motivationen hinzukommen (er versuchte seinem älteren Bruder, König Friedrich III., an Beliebtheit den Rang abzulaufen), kann damals und in der Folgezeit auch die breite Entwicklung städtischer Musikpflege selbst eine Rolle gespielt haben.[114]

[107] Tiroler Landesarchiv Innsbruck (A-Ila), Hs. 114 (Rechnung der Amtleute an der Etsch), fol. 16v. Vielleicht ist dieser enorme Betrag anders erklärbar, etwa als Jahresabrechnung aller derartigen („aintzigen“) Ausgaben, die aus irgendeinem Grund in Sterzing vorgenommen wurde. Vgl. » D. Hofmusik. Innsbruck. 

[108]  Tiroler Landesarchiv Innsbruck (A-Ila), Hs. 155, fl. 2r.

[109] Senn 1954, 9.

[110] Tiroler Landesarchiv Innsbruck (A-Ila), Raitbuch 3 (1463), fol. 624r bzw. Raitbuch 4 (1466/67), fol. 317v.

[111] » D. Advenisti. Fürsten und Diplomaten. Auszug in Strohm 1993, 309–312.

[112] Foliozahlen nach Tiroler Landesarchiv Innsbruck (A-Ila), Hs. 158 und Hs. 203. Verrechnet werden auch Soldzahlungen an eigene Musiker in Judenburg, Wien, Enns und Villingen. Die Stadtväter von Regensburg und Nürnberg bezahlten auch den Trompetern Herzog Albrechts (sowie anderer Besucher) ebenso hohe Trinkgelder, normalerweise 1 fl. (= rheinische Gulden) pro Person.

[113] Die zwei verschiedenen Kurse für fl. (rheinische Gulden) sind in der Rechnung angegeben.

[114] Weiter zu süddeutschen Musikern unter der Herrschaft Maximilians I. vgl. » H. Minstrels und Instrument-Makers (Helen Coffey).