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Schubinger im Hofstaatsverzeichnis von 1519

Markus Grassl

In Quellen des maximilianeischen Hofs findet sich Schubinger ein letztes Mal in jener Hofpersonalliste, die im Januar 1519 unmittelbar nach dem Tod des Kaisers in Wels angelegt wurde. Hier scheint er – neuerlich zusammen mit dem Posaunisten Hans Steudl – in der Rubrik „zallschreiber vnd ander hoffgesind“ auf:

Abb. Schubinger im Hofstaatsverzeichnis 1519 (2 Seiten) (2 Abbildungen)

Abb. Schubinger im Hofstaatsverzeichnis 1519
Abb. Schubinger im Hofstaatsverzeichnis 1519

A-Whh Hofarchive, Obersthofmeisteramt, Sonderreihe, Kt. 181, Konv. 3 (Hinterlassener Hofstaat nach dem Tode Kaiser Maximilians I. zu Wels), fol. 6r–6v. Edition: Fellner/Kretschmayr 1907, S. 143.

 

Dass Schubinger und Steudl innerhalb dieser Rubrik an letzter Stelle genannt werden (s. Pfeil auf der 2. Seite), erklärt sich aus dem Umstand, dass bei den beiden keine Zahl vermerkt ist, die auf ihnen zustehende Pferde bzw. das dafür auszuzahlende Liefergeld verwiese. Nicole Schwindt hat daraus abgeleitet, dass Steudl und Schubinger schlechthin über keine eigenen Pferde verfügten und „wie im virtuellen Triumphzug […] auch im wirklichen Leben mit dem Kapellwagen [reisten].“[91] An dieser pauschalen Schlussfolgerung sind freilich Zweifel anzumelden. Wie die erwähnten Anstellungsdokumente aus dem Jahr 1514 zeigen, gebührte Schubinger jedenfalls damals Geld für ein Pferd (und Steudl sogar für zwei Pferde). Vor allem aber fällt an der Hofstaatsliste von 1519 auf, dass so manchem, zum Teil ranghöheren und -hohen Bediensteten ebensowenig ein Pferd zugestanden wird[92] wie den in einem zweiten Teil des Verzeichnisses gesondert erfassten „Personen so zu Innsprugg sein“ (mit Ausnahme der Falkner). Damit drängt sich die Vermutung auf, dass die Personalliste von 1519 nicht den grundsätzlichen vertraglichen Anspruch auf Pferde bzw. Liefergeld wiedergibt, sondern bloß eine auf den aktuellen Zeitpunkt bezogene Vorkehrung traf und möglicherweise nur jene Hofangehörigen mit einer Zuwendung für Pferde bedachte, bei denen noch irgendeine Reisetätigkeit, etwa von ihrem aktuellen Aufenthaltsort an einen der typischen ‚Heimatstützpunkte‘ des Hofs wie Innsbruck oder Augsburg, ausstand.

Signifikanter erscheint indes die Einreihung Schubingers und Steudls unter „ander hofgesind“. Hier dürfte sich das auch im weiteren Verlauf des 16. Jahrhunderts immer wieder zu Tage tretende Problem bemerkbar machen, wie die Spieler von Zink, Posaune und Saiteninstrumenten in das überkommene hoforganisatorische Schema einzuordnen wären. Dieses kannte als Organisationseinheiten der Hofmusik traditionell (nur) die Kapelle auf der einen, das Trompeterkorps auf der anderen Seite. Und wenngleich die Zinkenisten und Posaunisten in praxi wohl mit der Kapelle zusammenwirkten, passten sie nicht so recht zur Institution „Kapelle“ im traditionellen Verständnis eines Verbands aus Klerikern und Sängern. Mit den Trompetern wiederum hatten sie zwar gemein, Instrumentalisten zu sein, zugleich waren sie aber auf dem Gebiet der mehrstimmigen „Kunstmusik“ tätig und repräsentierten damit musikalisch, aber auch sozial und funktional eine andere Sphäre als das paramilitärische Korps von Feld- bzw. Naturtrompetern. Symptomatisch für diesen ‚Zwischen-Status‘ ist, dass die Zinkenisten, Posaunisten und Streicher in den habsburgischen Hofstaatslisten des 16. Jahrhunderts mal bei den Trompetern, mal bei der Kapelle oder (wie Schubinger und Steudl 1519) in gesonderten Rubriken geführt wurden.[93]

[91] Schwindt 2018a, 3; Schwindt 2018c, 53.

[92] Wie z.B. beim Schatzmeister Jacob Villinger, dem laut seinem Bestallungsbrief von 1512 sehr wohl Pferde zustanden. Siehe Fellner/Kretschmayr 1907, S. 51 und 142.

[93] Siehe die Beispiele bei Wessely 1958, 408, 410; Pass 1980, 350, 354 und 392; Grassl 2011, 120–121 und 129. Zum Fall des „geygers“ Caspar Egker, der im Verzeichnis von Maximilians verbliebenem Hofstaat von 1520 in der Rubrik „Annder Officir“ erfasst ist, siehe Koczirz 1930/1931, 531–532. Zu diesem Zeitabschnitt vgl. » I. Kap. Ferdinands und Annas Zink-Posaunen-Ensemble.