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Augsburg mit Bürgerrecht

Markus Grassl

Seit dem Ende der Tätigkeit für Philipp den Schönen und der Rückkehr an den Hof Maximilians I. ist Schubinger wieder häufig in Augsburg nachweisbar. Er hielt sich dort teils zusammen mit seinem Dienstherrn, mehrfach aber auch unabhängig vom Haupthoflager auf.[77] Dies entspricht insofern einem bekannten Muster, als Augsburg neben Innsbruck der bevorzugte Ort war, an dem die Musiker Maximilians, teils einzeln, teils in (kleineren) Gruppen, zwischen den Anwesenheiten bei Hof ihr Quartier aufschlugen.[78]

Wenngleich es keine Anzeichen dafür gibt, dass sich Schubinger während seiner Dienstzeit bei Maximilian – so wie Paul Hofhaimer seit 1507 – dauerhaft in Augsburg niederließ, ist von einer anhaltenden engeren Verbindung zu seiner Heimatstadt auszugehen. So behielt er das Bürgerrecht,[79] und zumindest phasenweise dürfte seine Familie auch während seiner Abwesenheit in Augsburg verblieben sein. Darauf deutet der Umstand hin, dass durch viele Jahre allein seine Frau in den Steuerbüchern aufscheint.[80] Da die Erfassung in den Steuerbüchern üblicherweise die persönliche Anwesenheit in der Stadt voraussetzte (zumindest während der im Oktober/November stattfindenden Erhebung der Steuerpflichtigen),[81] liegt die Vermutung nahe, dass jedenfalls zu diesen Zeiten Schubingers Frau in Augsburg lebte, während Schubinger selbst auswärts war. Weiterhin geht aus den nach Steuerbezirken gegliederten Steuerbüchern hervor, dass die Schubingers in der Jakobervorstadt wohnten, und zwar bis 1505 am Rossmarkt und spätestens seit 1507 in dem als „Kappenzipfel“ bezeichneten Viertel (in dem um 1520 die berühmte Fuggerei errichtet wurde.[82]

Abb. Jörg Selds Stadtplan von Augsburg 1521

Abb. Jörg Selds Stadtplan von Augsburg 1521

1) Barfüßerkirche, 2) Fuggerei, 3) Perlachturm, 4) Rossmarkt.

Jörg Seld, Plan von Augsburg, Holzschnitt, 1521. Augsburg, Städtische Kunstsammlungen, Inv.Nr. G 26455 (Ausschnitt). Reproduktion: Worm 2018, 381.

Auffällig ist, dass in den Steuerbüchern bei Schubinger und seiner Frau kein zu entrichtender Betrag genannt wird bzw. der Zusatz „dat nihil“ (zahlt nichts) zu finden ist.[83] Der Grund dafür ist nicht mit Sicherheit feststellbar, möglich wäre aber, dass Schubinger – so wie Paul Hofhaimer – eine kaiserliche Steuerbefreiung genoss.[84]

Von Schubingers Aufenthalten in Augsburg wissen wir in erster Linie durch die städtischen Ausgabenbücher, die so genannten Baumeisterbücher. Diese verzeichnen jedes Jahr unter der Rubrik „varende levte“ zahlreiche Zuwendungen an Bedienstete, speziell an Musiker von Fürsten des römisch-deutschen Reichs, insbesondere Maximilians I.[85] Was die Stadt zu diesen Honorierungen, die sich im Regelfall auf zwei Gulden pro Person beliefen, veranlasste, ist nicht restlos geklärt. Da es sich von wenigen Ausnahmen abgesehen um Instrumentalmusiker handelte, sind die Zahlungen am plausibelsten als Entlohnung für Auftritte in Ergänzung bzw. anstelle der Stadtpfeifer bei typischen Anlässen wie Einzügen, Feiern oder Tanzveranstaltungen zu erklären.[86]

[77] D-Asa Baumeisterbücher, Bd. 101 (1507), fol 24r: „Samstag nach Letare [20. März]. […] / Item ij guldin Augustin Kö mayt Busaner“; Bd 103 (1509), fol. 24r: „Samstag post Cantate [12. Mai]. / Item ij guldin dem Augustein Kay mayt Busaner“; Bd. 106 (1512), fol. 30v: „Samstag post Katherine [27. November] / Item ij gulden dem Augustein pfeiffer Kay mt diener“; Bd. 108 (1514), fol. 26r: „Samstag nach Egidy [2. September] / Item ij guldin Augustein Busaner Kay mayt diener“; Bd. 111 (1517), fol. 30r: „Samstag nach Egidij [5. September] / Item iiij guldin vlrichen vnd Augustein von augsburg busanern“; Bd. 112 (1518), fol. 31r: „Samstag Leonhardj [6. November] / Item ij guldin augustein von Augsburg Kay mt. busaner“.

[78] Schwindt 2018c, 202–207.

[79] Dies zeigt sich an der Form der Erfassung Schubingers in den Augsburger Steuerbüchern, bei der die für Fremde bzw. Nicht-Bürger übliche Kennzeichnung fehlt. Ausführlich zu diesen Quellen und dem Augsburger Steuersystem des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit: Clasen 1976 LIT; Krug 2006.

[80] D-Asa Steuerbücher 1495, fol. 14v (Rubrik c); 1501: fol. 18v (Rubrik d); 1505, fol. 17v; 1507, fol. 15r; 1508, fol. 15v (Rubrik c); 1509, fol. 16r (Rubrik a).

[81] Clasen 1976, 17–18.

[82] Dass Schubinger Eigentümer eines Hauses am Rossmarkt war (so Busch-Salmen 1992, 65), lässt sich jedenfalls anhand der Steuerbücher nicht verifizieren.

[83] 1521 und 1522 nennen die Augsburger Steuerbücher eine „Magdalena Schubingerin“ unter Angabe einer Steuerleistung; D-Asa Steuerbücher 1521, fol. 18v (Rubrik d), 1522, fol 18r (Rubrik b). Es dürfte sich allerdings nicht um Schubingers Frau (sondern vielleicht um seine noch unverheiratete Tochter?) handeln, weil Ehefrauen üblicherweise mit dem Vor- und dem um das Suffix „in“ ergänzten Nachnamen ihres Mannes oder mit einem Hinweis auf ihren Ehestatus verzeichnet wurden (so wie etwa 1509 Schubingers Frau: „magdalena schubingerin Augstein pfeiffers weib“). Siehe Clasen 1976, 19.

[84] Zu Hofhaimers Steuerbefreiung, die von den städtischen Behörden jedoch nicht vollständig akzeptiert wurde, siehe Nedden 1932/1933, 28–29; Schuler 1995.

[85] Böhm 1998, 166–168.

[86] Schwindt 2018c, 202–203;  Schwindt 2020, 63–64; Birkendorf 1994, Bd. 3, S. 243. Zu städtischen Ausgaben für Auftritte von  Instrumentalisten vgl auch » E. Städtisches Musikleben.