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Der Provisionsbrief von 1523 und die letzten Jahre

Markus Grassl

Entsprechend dem Usus habsburgischer Regenten, lang gediente Angehörigen des Hofstaats im Alter bzw. nach Ende ihrer aktiven Zeit durch eine „Provision“, d. h. eine Versorgungsleistung, zu unterstützen, wurde auch Schubinger 1523 eine solche Rente, und zwar lebenslänglich in der Höhe von jährlich 40 Gulden, gewährt. Zugleich wurde er von allen diestlichen Verpflichtungen gegenüber dem Haus Habsburg entbunden.

Schubingers Provisionsbrief 1523

Maister Augustin Schubinger / pusawner / xl gulding rh provison / Wir Ferdinand von gots gnaden prinz und infant in his-/panien Erzherzog zu österreich, herzog zu Burgundi / Steyr, kerndten und Crain & Grave zu Tirol & / Bekennen für uns und unser erben offennlich / mit diesem brief, daz wir unnseren getreuen maister / Augustin Schubinger pusawner, umb seiner getreuen / vleissigen diennste willen so er weiland unnseren / lieben herren und anherren kaiser maximilian hoch- [fol. 76v] loblichen gedechtnius, lannge zeit an Irer mt hof und / nachmals unnseres lieben herrn und brueder / kaiser karlen und unns, bis auf heut dato be-/wissen, unnd getan hat, zu ergezlichait aller der-/selben seiner dienste und annordnungen nichts / ausgenommen, so er zu gedachten unnseren lieben / herrn und brueder, und unns zuhaben vermainit, / zu seiner fursehung vierzigk guldin Reinisch / järlicher provison sein lebenlanng von den ein-/komen und gevellen der tirolischen camer / geordnet, unnd verschrieben haben, thun das auch / wissentlich hirmit in crafft dies brieffs, alß, daz er uns hinfür solch virzighte guldin Reinisch / provision, von bemelter tirolischer camer haben, / die ime auch järlich sein lebenlanng, durch / unsere gegenwirtig unnd künfftig raiträte dere ober-/österreichischen land von den einkommen / der selben unnser tirolischen camer, gegen seinen / quittungen, zu halben jarszeiten, geraicht unnd / bezalt, Und mit der ersten bezalung / von heut dato über ain halb jahr dem negsten / angefanngen werden, innhalt unns sonderen / bevelchs auf dieselben RaitRäte deshalben von / unns ausgegangen, Doch soll er wider bemelten / unnsern lieben herrn und Brueder kaiser karlen / unns unnd unnser haus österreich niemands weiter / wer der sey / nit dienen, sonder sich in allweg halten [fol. 77r] als ainen getreuen diener und provisioner geburt und zuesteet, alles treulich unnd ungeverlich, mit / urkundt dis brieffs, Geben zu Innsprugg / am ersten tag des monats Augusti, Nach Cristi / unnseres lieben herren gepurde, fünffzehnhundert / unnd ins dreyunndzwainzigistes jahres, / durch f.d. Rabenhaupt, unnd Rhta v. Waldenburger underschriben.

A-Ila Oberösterreichische Kammer, Kopialbücher, Geschäft von Hof, Bd. 87 (1523), fol. 76r-77r.

Ob die Erwähnung auch von Karl V. als Dienstherren Schubingers allein ‚pro forma‘, aufgrund von Karls Stellung als damaligem Oberhaupt der Dynastie, erfolgte, oder ob Schubinger faktisch für Karl tätig wurde, lässt sich nicht feststellen. Gelegenheit dazu hätte sich etwa bei der Königskrönung 1520 in Aachen oder dem Wormser Reichstag 1521 ergeben, jedoch existiert kein Nachweis für Schubingers Anwesenheit bei diesen Ereignissen.

Sollten die Auszahlungen von Schubingers Provision in den Raitbüchern der Innsbrucker Kammer[97] vollständig verbucht worden sein (wovon grundsätzlich auszugehen ist[98]), wurde er wie so viele Hofbedienstete Opfer der notorisch schlechten Zahlungsmoral der habsburgischen Regenten. Denn die jährlichen Zuwendungen an ihn lagen zumeist deutlich unter den zugesicherten 40 Gulden.[99]

Abgesehen von seinem Alter spricht so manches dafür, dass sich der mittlerweile wohl im siebten Lebensjahrzehnt stehende Schubinger nach 1523 in seine Heimatstadt zurückgezogen hat. So wird seit langem wieder er (und nicht seine Frau) in den Augsburger Steuerbüchern geführt,[100] erhielt er von 1527 bis 1531 erneut jährliche Geldleistungen aus der Stadtkasse,[101] vor allem aber wurden die Zahlungen der Raitkammer in Innsbruck nicht mehr von Schubinger selbst, sondern u. a. von seinem Bruder Ulrich oder von Marx Perner, einem ehemaligen Trompeter Maximilians I.,[102] entgegengenommen:

Augustin Schubinger Pusauner inabslag / seiner provison, zuhanden seines brudern / Ulrichen Schubinger Pusauner zu Salzburg / laut bevelch und quittung datum am xj tag octobris Anno xxiiij / xiij gulden.[103]

Die Raitbücher der Innsbrucker Kammer verzeichnen von Mai bis Juli 1531 nochmals mehrere Leistungen an Schubinger „in Abschlag seiner Provision“, im Mai mit dem ausdrücklichen Zusatz „inansehung das er in schwerer krankhait vnd todtsnöten ligt“. Es handelt sich dabei um die letzten (derzeit bekannten) Dokumente zu diesem zentralen Repräsentanten der Instrumentalmusik um 1500.

[97] A-Ila Oberösterreichische Kammer, Raitbücher Bd. 73 (1524), fol. 194v; Bd. 74 (1525), fol. 157v; Bd. 75 (1526), fol. 147v (1527 deest); Bd. 76 (1528), fol. 140v; Bd. 77 (1529), fol. 167v; Bd. 78 (1530), fol. 178r-v; Bd. 79 (1531), fol. 170r- 171r.

[98] Wiesflecker 1987

[99] Sie beliefen sich von 1524 bis 1529 auf Beträge zwischen vier und 13 Gulden; nur 1530 und 1531 wies die Innsbrucker Kammer (zum Teil nicht in Geld, sondern durch die Übernahme von Kleiderkosten) 89 bzw. 48 Gulden, 31 Kreuzer und 3 Vierer an, wobei auch damit die über die Jahre gebührende Gesamtsumme bei weitem nicht erreicht wurde.

[100] Und zwar neuerlich ohne Angabe eines Betrags; D-Asa Steuerbuch 1528, fol. 23v (Rubrik c); Steuerbuch 1529, fol. 23r (Rubrik b).

[101] D-Asa Baumeisterbücher Bd. 121 (1527), fol. 36r:„Samstag nach trinitatis / Item ij fl. Augustein Schubinger k. mt. pusauner“; Bd. 122 (1528), fol. 36v: „Samstag nach margrethe / Item ij fl augustein schubinger verert“; Bd. 124 (1530), fol. 35r: „Samstag nach Reminiscere. / Item ij guldin Augustein Schubinger“; Bd. 125 (1531), fol. 36r: „Uff 5. Januarij / Item ij gulden Augustein Schubinger“.

[102] Vgl. zu Perner Senn 1954, 23.

[103] A-Ila Oberösterreichische Kammer, Raitbücher Bd. 73 (1524), fol. 194v.