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1519–1523: Ferdinand I.

Markus Grassl

Von 1519 bis 1522 kam Schubinger durch vier Jahre hindurch in den Genuss der „üblichen“, zwei Gulden betragenden Zuwendung der Stadt Augsburg.[94] Dass er sich nach dem Tod Maximilians I. zunächst in seiner Heimatstadt aufhielt, erscheint auch deshalb wahrscheinlich, weil zahlreiche ehemalige Bedienstete des Kaisers, darunter einige Musiker, hier seit Januar 1519 (vorläufig) ihr Lager aufschlugen, um die Entscheidung des Nachfolgers, Karls V., über ihre allfällige Weiterverwendung abzuwarten bzw. nach neuen Beschäftigungsmöglichkeiten Ausschau zu halten.[95]

Für den damals bereits ca. 60-jährigen Schubinger bedeutete das Ableben Maximilians I. offenbar noch nicht das Ende seiner aktiven Karriere und den dauerhaften Rückzug nach Augsburg. Vielmehr wurde er für Ferdinand I. tätig, den 1503 geborenen Enkel Maximilians, der die Jahre von 1518 bis 1521 am Hof seiner Tante Margarete von Österreich in den Niederlanden verbrachte, ehe ihm aufgrund der Teilungsverträge mit seinem Bruder Karl V. 1521/22 die Herrschaft in den österreichischen Erblanden zufiel. So ist in dem Provisionsbrief, mit dem Ferdinand I. Schubinger 1523 eine jährliche Rente gewährte, von den Diensten die Rede, die der Musiker dem Erzherzog geleistet habe (» Kap. Der Provisionsbrief). Weiterhin dürfte sich auf Schubinger ein Eintrag im Rechnungsbuch von Mecheln, dem Residenzort Margaretes von Österreich, aus dem Jahr 1520 beziehen. In der Rubrik „van den officiers van don Fernando“ werden Zahlungen an eine Reihe von Angehörigen des Hofstaats des Erzherzogs aufgelistet. Darunter befindet sich neben Trompetern und einem „tamboryn“ auch „Meester augustijn vuyt duytschlant die op thuereken speelt“ („Meister Augustin aus Deutschland, der auf dem Hörnchen [= Zink?] spielt“).[96] Der Zusatz „aus Deutschland“ steht wohl in Zusammenhang damit, dass die Mitglieder von Ferdinands Hofstaat zu dieser Zeit fast ausschließlich aus Burgund und Spanien stammten, eine deutsche Herkunft daher ein markantes Unterscheidungs- bzw. Erkennungsmerkmal darstellte. Nicht zuletzt scheint Schubinger aber in den aus dem Zeitraum 1522/23 erhaltenen Rechnungsbüchern von Ferdinands Generalschatzmeister Gabriel von Salamanca auf: » Abb. Schubinger in Gabriel von Salamancas Rechnungsbüchern 1522/23.

Die Nennung Schubingers in Quellen zum frühen Hofstaat Ferdinands hat weitergehende Bedeutung. Zusammen mit anderen Hinweisen ist daraus zu schließen, dass Ferdinand bereits deutlich vor dem Jahr 1527, das bislang als der ‚eigentliche‘ Beginn seiner Hofmusik galt, über eine Bläsertruppe, im Speziellen über ein Zink-Posaunen-Ensemble verfügte (» I. Kontinuität und Wandel, Kap. Ferdinands und Annas Zink-Posaunen-Ensemble).

[94] D-Asa Baumeisterbücher, Bd. 113 (1519), fol. 30r: „„am hailigen pfingstabent [12. Juni] / Item ij gulden Augstein Schubinger Kay mayt hochloblicher gedachtnis Busaner gewesen ist“; Bd. 114 (1520), fol. 32r: „Samstag nach Letare [24. März]/ Item ij guldin Augustein Schubinger weyland Kay trumeter“; Bd. 115 (1520), fol. 32v: „Samstag post Johannes Baptiste [29. Juni] / Item ij gulden Augustein Schübingern Kay mayt. busaner“; Bd. 116 (1522), fol. 35v: „Samstag post Udalricj [5. Juli] / Item ij guldin. Augustein Schubinger Kay. mt busawner“.

[95] Vgl. Schwindt 2018a, 14; Schwindt 2018c, 207; Bente 1968, 293–294.

[96] B-Baeb Algemeen Rijksarchief / Archives générales du Royaume, V132–41298 (Stads Rekeningen Mechelen, 1. Nov. 1519–31. Okt. 1520), fol. 232v. Zur Bedeutung von „thuereken“ als Zink siehe Polk 1992b, 88, der den Beleg allerdings nicht im Zusammenhang mit Ferdinand, sondern mit „musicians in the retinue of Maximilian I.“, zitiert. Auch der Geschichtswissenschaft sind die Mechelner Stadtrechnungsbücher als Quelle zur Rekonstruktion von Ferdinands Hofstaat während seiner Zeit in den Niederlanden bislang entgangen; siehe Castrillo-Benito 1979, 426–427; Rill 2003, 37–46.