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Ein Tanzruf als Refrain: Eya laus

Reinhard Strohm

Der Refrain (Repetenda) für Resonet in laudibus heißt im Seckauer Cantionarius Eya laus est canenda de re miranda.[29] Die beigefügten Neumen, obwohl nicht als Tonhöhen identifizierbar, lassen erkennen, dass dieser Refrain als einziger Bestandteil melismatisch vorgetragen wurde, also musikalisch die meiste Aufmerksamkeit auf sich zog.[30] Der Ruf „Eya“ oder „Heya“ war beim Tanzen und in Tanzliedern üblich.[31] Gerade der Refrain Eya laus war in der österreichischen Region besonders wichtig. Noch im späten 15. Jahrhundert schreibt ein Ordinale der Diözese Passau vor, er solle von Solisten mehrstimmig vorgetragen werden. Auch diese Aufführung des Nunc dimittis mit Cantionen, die wohl in der gesamten Diözese Tradition war, ist reich inszeniert:

[In der Komplet des Epiphaniasfestes, nach der Antiphon Salutis nostre auctorem zum Psalm Nunc dimittis]
„… sollen zwei oder drei Sänger hinter dem Lesepult stehend im discantus singen: Eya laus. Danach singen zwei, die vor dem Pult stehen, den Vers Resonet in laudibus. Anschließend singen zwei andere aus dem Buch Sunt impleta. Dann singen zwei Chorschüler im Chorraum mit lauter Stimme Hodie apparuit. Der Chor fährt darauf mit dem Psalm Nunc dimittis fort. Auch singt der Chor Magnum nomen, begleitet von Pauke und Zimbel („sub alio timpano et cymbalo consonent“). Danach beginnen die ersten Sänger wieder mit Eya laus und die anderen zwei wechseln mit ihnen weiter ab, bis der Psalm zu Ende ist. Schließlich wieder die vorige Antiphon Salutis nostre.“[32]   

Dass man dazu auch noch getanzt hat, ist unwahrscheinlich. Doch die scheinbare Erwähnung von Instrumenten verdient eine genauere Untersuchung.

[29] Diesem Refrain geht eine Zeile „Apparuit quem genuit Maria“ voraus, die dem Refrain der Cantio Nove lucis fast gleicht. Die Zeile ist im Resonet in laudibus jedoch Teil der Strophe, deren Struktur ohne sie unbalanciert wäre. Wahrscheinlich ist dies ein Anzeichen dafür, dass die Cantio Nove lucis selbst in Anlehnung an Resonet in laudibus entstanden ist.

[30] Ameln 1970, 54, Anm. 7, bezieht die reichere Neumierung irrig auf das „Eya“ im Refrain des Magnum nomen.

[31] Vgl. Petzsch 1966.

[32] D-Sl HB I 109, fol.122r (freundliche Mitteilung von Dr. Robert Klugseder). Vgl. Klugseder 2013.