Über
Musikleben des Spätmittelalters in der Region Österreich (https://musical-life-net) ist ein Forschungsprojekt an der Universität Wien, gefördert vom FWF Der Wissenschaftsfonds. Wir erschließen und vermitteln neue Erkenntnisse zur frühen musikalischen Kultur in der Region Österreich im Zeitraum von ca. 1340 -ca. 1520.
„Wir“, das sind:
Univ.-Prof. Dr. Birgit Lodes, |
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Prof. em. Dr. Reinhard Strohm, |
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Prof. Dr. Marc Lewon, Professor für Lauteninstrumente des Mittelalters und der frühen Neuzeit an der Schola Cantorum Basiliensis, Musikwissenschaftler und aufführender Musiker marc@lewon.de |
… und eine Anzahl an NachwuchsforscherInnen als teilzeitige MitarbeiterInnen.
38 internationale ExpertInnen der Musikgeschichte, Kulturgeschichte und anderer verwandter Disziplinen arbeiten als AutorInnen, etwa 30 als ehrenamtliche Berater mit. Vier Ensembles haben in unterschiedlichen Besetzungen im Auftrag des Musikleben-Projekts über 100 Hörbeispiele eingespielt, von denen die meisten bislang nicht auf Tonträger zugänglich waren. Einige weitere Hörbeispiele wurden uns freundlicher Weise von verschiedenen Labels bzw. Rechteinhabern zur Verfügung gestellt.
Dutzende von Museen, Bibliotheken, Archiven und privaten Sammlern des In- und Auslandes haben die Veröffentlichung von Quellenmaterial, Bildern und Noten aus ihrem Besitz genehmigt und uns als institutionelle Partner unterstützt.
Unser Anliegen ist, einen bedeutsamen Abschnitt europäischer Kulturgeschichte lebendig zu machen. Denn lange vor der Entstehung der habsburgischen Weltmacht war die Region Österreich zusammen mit ihren nächsten Nachbarn bereits eine zentrale Arena europäischer Musik. Diese Musik war bislang als ästhetische Wirklichkeit noch kaum erschlossen, und als kulturelle Vergangenheit weitgehend unbekannt.
Musikleben unterscheidet sich von früherer Forschung in diesem Gebiet vor allem durch die Konzentration auf Kulturgeschichte (» 0. SL Kulturgeschichte). Überlieferte Musik wird in den Lebenszusammenhang damaliger Menschen gestellt: Materialität und Spiritualität, Alltag, künstlerische Praxis, volkstümliche und höfische Kulturen, zeremonielle und intellektuelle Traditionen. Die materielle und spirituelle Präsenz dieses Kulturgutes besteht nicht nur in wunderbaren Kompositionen, sondern auch in einfachen Liedern und Kirchenchorälen, in Tanzmelodien, Rufen, Glockenklängen und Marschrhythmen. Zeitliche und räumliche Differenzen werden neu bewertet, darunter das Verhältnis des Musiklebens der Region zum übrigen Europa.
Um die Bedeutung dieser Musikkultur im Leben darzustellen, betrachten wir Musikaufzeichnungen, Archivdokumente, literarische Texte, Bilder aus Kunst und Architektur sowie Musikunstrumente und andere materielle Objekte, die in eine neue Geschichte des Musiklebens der Region eingebettet werden. Der Text, in verständlicher Sprache, ist in 12 Leitthemen gegliedert, die insgesamt ca. 90 Essays (mit vielen Unterkapiteln und angedockten Schlaglichtern) enthalten. Vergleichbar einem Museumskatalog hebt der Text immer wieder bestimmte Einzelthemen, Musikstücke oder Dokumente hervor. Etwa 150 Hörbeispiele dienen als Beispiele musikalischer Kunst und werden inhaltlich mit Materialien aus dem damaligen Leben in Bildern und Dokumenten vernetzt. Ein hörbares Instrumentenmuseum führt den Benutzer in die Klangwelt der Instrumente ein. Zudem ermöglicht eine Mediengalerie den Einstieg in die verschiedenen Themen ausgehend von ca. 460 Abbildungen und Notenbeispielen. Eine interaktive Karte ermöglicht die Suche nach musikbezogegenen Orten und deren Relevanz für Texte, Abbildungen und Horbeispiele in der Website.
Das Projekt Musikleben will die Anwendbarkeit kulturwissenschaftlicher Studien auf die Musikgeschichte dieser Epoche erweisen und die Bedeutung der regionalen Musik im europäischen Kontext neu bewerten. Seine Wirkung betrifft Methodologie – als kultur-geschichtliche Historiographie der Musik – und Interpretation – als Neubewertung der Rolle Österreichs in der europäischen Musikkultur des Spätmittelalters.
Veröffentlichungen zur Entstehung des Projekts und der Website:
Marc Lewon, Birgit Lodes, and Reinhard Strohm: “Musical Life of the Late Middle Ages in the Austrian Region (c. 1340–c. 1520): a Historical and Audio-Visual Exploration”, in: Die Musiktheorie 4/2019, S. 250–267.
Einspielungen:
Aus den vom Projekt Musikleben beauftragten Einspielungen wurden zwei CDs ausgekoppelt, die im Handel erhältlich sind:
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ARGENTUM ET AURUM – Musical Treasures from the Early Habsburg Renaissance, Ensemble Leones (Leitung: Marc Lewon), Naxos (8.573346) 2015. Die Einspielung erhielt den International Classical Music Award (ICMA) 2016 in der Kategorie “Early Music”. Weitere Informationen und Links (u.a. zu allen Liedtexten mit Übersetzung) finden sich auf dem Supplement-Blog.
- Flos virginum – Motets of the 15th Century, Ensemble Stimmwerck, cpo (777 937-2) 2015. Weitere Informationen und Links finden sich auf dem Supplement-Blog.
Blog:
Parallel zur offiziellen Musikleben-Website schrieb Marc Lewon von 2012 bis 2017 einen begleitenden Blog „Musikleben – Supplement“, in dem er vor allem neue Identifizierungen in zeitgenössischen Quellen vorstellt, diskutiert und transkribiert.
Das Projekt in den Medien (Auswahl):
Bericht über die Veranstaltung „Zeitgenössische Musik im Spätmittelalter“ im Zuge der Jubiläumsfeierlichkeiten 650 Jahre Universität Wien am 11. September 2015; uni:view Magazin.
Bericht über das Projekt im Universum Magazin, 1-2/2013, S. 64–65.
Bericht über das Projekt in den Salzburger Nachrichten, 29. Dezember 2012.
Bericht über das Projekt in der Online-Zeitung der Universität Wien, Dezember 2012.