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Die Sakramentsstiftung König Friedrichs III.

Reinhard Strohm

Im Jahre 1445 fiel der Stephanskantorei mit einer Stiftung Friedrichs III. die vielleicht bekannteste Aufgabe ihrer frühen Geschichte zu, an der neben Klerikern von St. Stephan auch solche von St. Michael beteiligt waren. Diese königliche Stiftung betraf nicht wie früher oftmals angenommen eine „Fronleichnamsprozession“,[93] sondern die traditionellen priesterlichen Versehgänge mit dem Sakrament zu kranken Gemeindemitgliedern in- und außerhalb der Stadt. Nunmehr sollten bei jedem Gang vier arme Knaben (Almosener) mitgehen, die in braune Chorröcke und Kapuzen gekleidet waren; sie sollten vier Glöckchen, zwei Fähnchen und zwei verglaste Laternen mit brennenden Kerzen mit sich tragen und den Hymnus Pange lingua sowie das Responsorium Homo quidam fecit cenam magnam „hin und wider“ (auf dem Hin- und Rückweg) singen. Im Chor der Kirche sollten außerdem beim täglichen Fronamt zwei Schüler den Vers Tantum ergo sacramentum (aus dem Hymnus Pange lingua) oder Ecce panis angelorum (aus der Sequenz Lauda Sion salvatorem) anstimmen, der dann vom Schülerchor ausgesungen werden sollte (vgl. auch » E. Überlieferung der Wiener Kirchenmusik).

Und damit alles „dester [umso] löblicher und ordenlicher volbracht werde“, sollten 32 Chorröcke und Kapuzen, 32 Fähnchen mit den österreichischen Farben (rot-weiß-rot) und 16 verglaste Laternen bereitgehalten und bei Bedarf repariert bzw. neu angefertigt werden. Diese stellte der Stifter zur Verfügung; die Stadt musste die Instandhaltung der Kleidung und Geräte bezahlen.[94] Natürlich gingen nicht bei jedem der Gänge – deren Zahl ja mit dem Bedarf schwankte – 32 Knaben mit, sondern jeweils nur vier. Das Stiftungseinkommen wurde der Stadt vom König als Steuererlass auf die Schatz- oder „Hofsteuer“ übertragen und belief sich auf jährlich zwischen 44 und 54 tl., von denen der Kantor von St. Stephan gewöhnlich zwischen 40 und 47 tl., der Küster von St. Michael (fürs Glockenläuten) zwischen 4 und 7 tl. erhielt. Friedrich III. richtete ähnliche Stiftungen zwischen 1441 und 1467 auch in Graz, Laibach, Wiener Neustadt und Linz ein.[95] In Bozen entstand eine ähnliche Stiftung wohl 1463 und ist seit 1472 belegt (» E. Bozen, Kap. Fronleichnams-Umgang).

[93] Wie in der älteren Literatur oft angegeben, u. a. in Strohm 1993, 507. Korrigiert bei Rumbold/Wright 2009, 47.

[94] Camesina 1874, 78–80, Nr. 364 (1445 ohne Tagesdatum).

[95] Vgl. Weißensteiner 1993.