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Aufführungsmotivation und -belege

Christian Neuhuber

Zu keinem anderen Legendenspiel haben sich auch nur annähernd so viele Aufführungsberichte vor 1600 erhalten wie zum Dorothea-Spiel. Förderlich für dessen Popularität war sicherlich, dass der Dorothea-Feiertag, der 6. Februar, in der theateraffinen Faschingszeit liegt. Als thematische Anbindung für Heischegänge und Schulaufführungen bot sich das Motiv des Knaben mit dem Früchte- und Blumenkorb an, das die Dorotheenlegende von den schematisierten Abläufen ähnlicher Märtyrerinnengeschichten abhob. Die Bedrohung des Glaubens und die Beschwörung christlicher Standhaftigkeit wiederum macht es nachvollziehbar, warum der Stoff zumal in Krisenzeiten Anklang fand. Eine besondere Rolle spielte dabei offenbar der Deutsche Orden, der der Heiligen seit dem frühen 14. Jahrhundert eine besondere Verehrung zukommen ließ.[12] Förderer des Ordens waren als deutsche Kaiser auch die Habsburger, die in Wien den Dorotheenkult seit spätestens der Mitte des 14. Jahrhunderts massiv unterstützten.[13] (» I. Frauen)

Im deutschen Sprachraum haben sich bislang zumindest 17 Hinweise auf Aufführungen eines Dorothea-Spiels gefunden. In Kremsmünster selbst ist keine belegt, aber vom benachbarten Kloster Lambach wurde, schon lange bevor der Codex A-KR Cod. 81 nach Oberösterreich kam, von einem alljährlichen „löbleichen gesang“ zu Ehren der Hl. Dorothea berichtet; die dafür verwendete stolze Summe von „acht pfunt Wienner phenning“[14] lässt eine aufwändigere Inszenierung vermuten.  

[12] Nachdrücklich weist Jefferis 2010, passim, auf diese Beziehung hin.

[13] Ausführlicher dazu Wolf 2006, 26, 115, 149, 152 und 231.

[14] Neumann 1987, 819.