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Die älteste bekannte Hofordnung und Personalliste Ferdinands I.

Markus Grassl

Die Schlüsselrolle für die Neubewertung der Frühgeschichte von Ferdinands Hof im Allgemeinen, seiner Kapelle im Besonderen spielt eine Quelle, die 2003 von dem Sozialhistoriker Gerhard Rill entdeckt wurde.[39] Das in lateinischer Sprache abgefasste Dokument, das sich in einem Aktenfaszikel mit Unterlagen zum Nürnberger Reichstag 1524 erhalten hat, kann auf die Zeit von März bis August dieses Jahres datiert werden.

Abb. Status 1524

Status 1524

Hofordnung Ferdinands I., März - August 1524. Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, Reichskanzlei, Reichstagsakten 2, Konvolut A I 5, fol. 50r.

 

Wie für Hofschematismen bis zum 16. Jahrhundert typisch,[40] verbindet dieser „Domus sive Auleque status“ (Stand der Haus- und Hofhaltung) Elemente einer Hofordnung mit solchen eines Hofstaatsverzeichnisses, d. h. Ausführungen bzw. Vorschriften zu Aufbau und Organisation des Hofstaats, zu einzelnen Ämtern und deren Aufgaben werden durch Nennungen von Posteninhabern ergänzt, indem an der jeweils betreffenden Stelle die Namen und die Besoldung zumindest der höheren Funktionsträger angegeben werden. Auf diese Weise wird ein durchstrukturierter höfischer Haushalt sichtbar, der insbesondere zentrale Teileinheiten wie Kammer, Obersthofmeister- und Oberststallmeisteramt umfasste und einen Personalstand von rund 130 Bediensteten zuzüglich „etliche[r] zahlenmäßig nicht erfaßte[r] Ämter“ aufwies.[41]

[39] HHStA, Reichskanzlei, Reichstagsakten, 2. Konvolut A I 5, fol. 49r–58v; eine ausführliche Analyse dieser (bislang nicht edierten) Quelle und eine darauf beruhende Rekonstruktion von Ferdinands damaligem Hofstaat liefert Rill 2003, 50–103; vgl. zuvor schon Thomas 1993, 44–45; für eine musikhistorische Auswertung siehe Grassl 2012, 31–35, und darauf fußend Pfohl 2020, 136–139.

[40] Noflatscher 2007, 414.

[41] Rill 2003, 54.