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1493/94–1499: Am Hof Maximilians I. und Philipps des Schönen

Markus Grassl

Augustin Schubinger ist in Florenz zum letzten Mal 1493 nachweisbar.[38] Bald darauf verließ er die Stadt und kehrte in habsburgische Dienste zurück. Der genaue Zeitpunkt dieses Wechsels ist unbekannt. Man hat aber davon auszugehen, dass Schubingers Abschied von Florenz seinen Grund in der krisenhaften Situation hatte, in die die Stadt nach dem Tod von Lorenzo de’ Medici 1492 geriet und die nicht zuletzt auch das Musikleben arg in Mitleidenschaft zog (so kam es 1493 zur Auflösung tragender musikalischer Institutionen wie der Kapellen am Dom, an San Giovanni und an Santissima Annunziata). Fest steht, dass Augustin erstmals im Februar 1495 als Musiker Maximilians I. dokumentiert ist.[39] Nicht auszuschließen (wenngleich nicht belegbar) ist, dass er sich bereits unter jenen Zinken- und Posaunen-Spielern befand, die einem Bericht des ferrarensischen Gesandten zufolge bei der Hochzeitsmesse von Maximilian und Bianca Maria Sforza am 16. 3. 1494 in Innsbruck auftraten (» I. Music and ceremony in Maximilian’s Innsbruck. Maximilian in Innsbruck).[40]

Entsprechend dem häufig zu beobachtenden Usus habsburgischer Regenten, ihre Bediensteten für kürzere oder längere Dauer anderen Angehörigen der Dynastie zur Verfügung zu stellen, wechselte Schubinger 1496/97 zu Philipp dem Schönen.

Abb. Philipp der Schöne (um 1500)

Meister der Magdalenenlegende (tätig um 1490 – um 1526 in Brüssel [?]), Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie (© KHM-Museumsverband).

 

Inwieweit dies in Zusammenhang mit Maximilians damaliger finanzieller Notlage stand, die ihn zwang, seine Musiker teilweise zu entlassen, teilweise ‚auszulagern‘ oder aus anderen Quellen als seiner Innsbrucker Kammer zu finanzieren,[41] ist nicht definitiv beweisbar, wäre aber nicht unplausibel. Jedenfalls erhielt Schubinger im Januar 1497 eine einmalige Zuwendung für die „bons et agreables seruices“, die er Philipp dem Schönen geleistet hatte,[42] was nahelegt, den Beginn von Schubingers Anwesenheit in den Niederlanden noch vor dem Jahreswechsel 1496/97 anzusetzen. Dies macht wiederum die bereits vor Längerem geäußerte Vermutung wahrscheinlich, dass er jener „teutonicus“ war, der 1496 bei einer Messe in der Sint Goedele-Kirche in Brüssel auf dem Zink („cornu“) spielte.[43]

Etwas später, am 10. März 1497, wurde Schubinger als „varlet de chambre et joueur des cornet et du lut“ fest angestellt[44] und scheint folglich in der an diesem Tag erlassenen Ordonnance de l’hotel Philipps, und zwar unter den „pensionnaires“, auf.[45] Beides weist auf eine privilegierte Stellung hin: Als pensionnaire bezog Schubinger ein von seiner Anwesenheit bei Hof unabhängiges Jahresfixum (in der Höhe von 270 livres, die in vier Teilbeträgen alle drei Monate auszubezahlen waren) und hob sich damit vom Gros der Hofangestellten ab, denen nur für die tatsächlich am Hof verbrachten Zeiten ein tageweise bestimmter Lohn gebührte.[46] Weiterhin bekleidete er als va(r)let de chambre eine Position, die speziell qualifizierten Personen wie Handwerkern oder Künstlern gewährt wurde, die für diese den höchsten am Hof erreichbaren Rang darstellte und die den direkten persönlichen Umgang mit dem Fürsten einschloss.[47] Zu vermuten ist ein Zusammenhang mit Schubingers Lautenspiel, einer typischerweise im intimeren Rahmen angesiedelten musikalischen Aktivität.

[38] Polk 1986, 68.

[39] D–Asa, Baumeisterbücher, Bd. 89 (1495), fol. 17r: „Augustin Schubinger der K Mt Trumbetter“. Senn 1954, 21, erwähnt (allerdings ohne nähere Quellenangabe) eine „offenbar aber nur vorübergehend[e]“ Anwesenheit Schubingers in Innsbruck im Jahr 1493.

[40] Ebenso könnte sich hinter einer 1495/96 geleisteten Zahlung der Stadt Basel an „des romischen konigs zinken bloser“ Schubinger verbergen. Siehe Ernst 1945, 222; Polk 1989b, 88.

[41] Wiesflecker 1971–1986, Bd. 2, 255–256; Schwindt 2018c, 94–95.

[42] Zahlungsnachweis Januar 1497, F-Lad B 2159, fol. 178r–178v.

[43] Haggh 1988, 219; Polk 1992b, 88.

[44] Anstellungsurkunde 10. 3. 1497, F-Lad B 2160, Nr 71187. Mein herzlicher Dank geht an Grantley McDonald, der mir dieses und das in Anm. 43 genannte Dokument zur Kenntnis gebracht hat.

[45] Bessey u. a. (Hrsg.) 2019, 192.

[46] Bessey u. a. (Hrsg.) 2019, 23–24. Ich danke Werner Paravicini für einschlägige Informationen (e-mail, 4. Februar 2022).

[47] Rojewski 2018.