Marienverehrung
Ferner kamen die „Hirten“ den Bedürfnissen ihrer „Herde“ bezüglich der kirchlichen Lehre entgegen. Sie stellten der verbreiteten Angst vor dem strafenden Gott der Zehn Gebote und der Sorge, einen unvorbereiteten Tod zu sterben, ihre Hilfsmittel gegenüber – allen voran die Zuflucht zur Gottesmutter Maria, die bei jeglichen Nöten des Lebens und Sterbens um Hilfe angerufen werden konnte. Bereits im Neuen Testament als „Mutter des Herrn“ und „unter allen Frauen Gepriesene“ bezeichnet (Lukas 1, 43–48), wurde sie zunehmend als himmlische Königin und Mutter aller Christen angesehen. Vertrauende Hingabe an ihre fürbittende Wirksamkeit hatte stets eine emotionale Prägung. Während des Mittelalters wuchs sowohl unter Theologen als auch bei den Laien die Marienverehrung stetig an. Die im liturgischen Jahreskalender schon vorhandenen Marienfeste wurden vermehrt. Zahlreiche Kirchen und Altäre waren der Mutter Gottes geweiht. Wallfahrtskapellen, die auf Marienerscheinungen zurückgeführt wurden, nahmen zu. Thronende sowie sinnlich in ihrer Schönheit, ihrer Freude und ihrem Leid begreifbare Madonnen, oft von herausragenden Künstlern gefertigt, wurden im bischöflichen Dom wie in Pfarrkirchen und kleinen Gemeinde- und Burgkapellen bildlich und plastisch zur Schau gestellt. Der Ruf Marias als wirksamste Fürbitterin für reuige Sünder war unumstritten. Wer sich unter ihren Schutzmantel begab, konnte sich vor der dämonischen Macht des Bösen sicher fühlen und am Ende aller Tage vor dem richtenden Gott auf Gnade hoffen. Mariendichtung, lateinische wie volkssprachliche, trug zusätzlich dazu bei, die Frömmigkeit der theologischen Eliten mit der des Volkes zu verknüpfen. (Zur wunderbaren Heilwirkung des Liedes Maria zart vgl. » J. Körper und Seele)
[1] Schreiner 1992b, 1–13.
[2] Schreiner 1992b, 13–26; 27–41.
[3] Machilek 1992, 157–189.
[5] Rubin 1992, 309–318.
[6] Hofmeister-Winter 2001, 347–350, fol. 131v–132v.
[7] Ein Fronleichnamsspiel steht in der „Neustifter-Innsbrucker Spielhandschrift“ des Augustiner-Chorherrenstifts Neustift (» A-Iu Cod. 960, fol. 51r–59r); vgl. Thurnher/Neuhauser 1975. Allerdings wurde diese aus Thüringen stammende Handschrift in Tirol nicht praktisch verwendet.
[8] Brückner 1992, 18.
[9] Hofmeister-Winter 2001, 317, fol. 115v.
[10] Hofmeister-Winter 2001, 319, fol. 117r. Diese wohl realistische Befürchtung hat inhaltliche Gemeinsamkeiten mit dem Salzburger Spottlied „Die Pinzgauer wollten wallfahrten gehn; sie täten gerne singen, sie konntens nit gar schön“ (um 1800 entstanden).
[11] Hofmeister-Winter 2001, 317, fol. 116r.
[12] Hofmeister-Winter 2001, 304–311, fol. 109r–112v.
[13] Hofmeister-Winter 2001, 309, fol. 111v/112r.
[14] Hofmeister-Winter 2001, S. 307, fol. 110v.
[16] Stürz 1978, 43–60.
[17] Ohler 1986, 282–298.
[18] Schwob 2007, 66–68.
[19] Schwob/Schwob 1999-2013, Nr. 233.
[20] Schwob 2009, 17–28.
[21] Schwob/Schwob 1999–2013, Nr. 163.
[22] Schwob/Schwob 1999–2013, Nr. 377.
[23] Hochenegg 1984, Listen, passim.
[24] Bestände im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg, Südtiroler Landesarchiv Bozen, Diözesanarchiv Brixen.
[25] Schwob 1989, 291–326.
[26] Hochenegg 1984, 226–227.
[27] Pfarr- und Dekanatsarchiv Bruneck, Or. Perg. Urk. 1431 Oktober 2.
[28] Sinnacher 1830, 486–487.
[29] Angenendt 1997, 77–79.
[30] Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck, FB 32040.
[31] Wielander 1959, 3–88, Zitate; 86, 3.
[32] Bibliothek des Priesterseminars Brixen, Cod. F/5 (149).
[33] Spicker 2007, 86–118.
[34] Andergassen 2011, 77–79.