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Entgegenkommen der Kirche

Ute Monika Schwob

Zweifellos waren in der mittelalterlichen Kirche gläubige Laien mit einer angemessen frommen Lebensführung erwünscht, Übereifrige hingegen eher gefürchtet. Den meisten geweihten Amtsträgern war zudem bewusst, dass die Betreuung der Laien sich nicht darauf beschränken konnte, vorzuführen, wie sie selbst – angetan mit festlichen Gewändern, begleitet von Glockenklang, Kerzenlicht und Weihrauchduft, unterstützt von kunstvollen liturgischen Gesängen – vor dem Hochaltar den Gottesdienst vollzogen. Denen, die oben im Chor agierten, fehlte es nicht an Einsicht, dass es unerlässlich sei, den Leuten unten im Kirchenschiff in vielerlei Hinsicht „entgegenzukommen“. Die Geistlichen stiegen die Stufen hinunter, die die Laien nicht hinaufsteigen sollten; sie beweihräucherten und besprengten alle Anwesenden, predigten über Grundlagen des Glaubens und nahmen die Laien in ihre häufigen Umgänge und Prozessionen auf. Sie sorgten für illustrierende und emotional bewegende Bilder in und an Kirchen, Kapellen und Kreuzgängen. Sie stellten die Kirchen, die oft über den größten überdachten Raum einer Gemeinde verfügten, in begrenztem Ausmaß auch für weltliche Zwecke zur Verfügung: Dort und auf den Friedhöfen trafen sich Laien und Klerus wie auch Laien unter sich, dort traf man Vereinbarungen, dort wurden Urkunden geschrieben, sogar solche zu weltlichen Rechtsgeschäften.