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Palmsonntag

Stefan Engels

Die Karwoche wird mit dem Palmsonntag eingeleitet. Die traditionelle Prozession an diesem Tag soll an den Einzug Jesu in Jerusalem erinnern. Alle Kleriker und Konvente nahmen daran teil, auch diejenigen der Nonnenklöster, die eigentlich in strenger Klausur lebten. Man versammelte sich in einer nahegelegenen Kirche oder Kapelle, die sich meist an einem höher gelegenen Ort befand und den Ölberg bei Jerusalem symbolisieren sollte und wo in einer eigenen liturgischen Feier, die formal an eine Messe erinnert, die Palmzweige geweiht wurden. Im Anschluss an diese Feier zog man unter dem Gesang von feierlich auskomponierten Antiphonen in einer Prozession in die Hauptkirche. Auf dem Weg dorthin wurde die Prozession bei einer sogenannten „Statio“[7] unterbrochen. An dieser Stelle stand ein verhülltes Kreuz, welches, ähnlich wie am Karfreitag, enthüllt und mit besonderen Riten verehrt wurde. Für die mittelalterliche Grundhaltung ist es bezeichnend, dass Christus in dieser ausdeutenden Prozession, die man als eine Art Mysterienspiel bezeichnen kann, als Gekreuzigter in die Stadt einzog und nicht, wie wir es erwarten würden, auf einem Esel sitzend. Jerusalem, so ist gemeint, das sind wir, das ist jetzt. Der Gekreuzigte kommt in diesem Augenblick in unsere Stadt, um uns zu erlösen, so wie er auch damals in Jerusalem eingezogen ist. Besonders interessant ist die während der Statio vorgetragene  und ausgestaltete Antiphon Scriptum est enim.

[7] Eine Statio ist eine „Station“, ein Haltepunkt bei einer Prozession, so wie heute noch bei den vier Altären an Fronleichnam.