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Die Finstermette an Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag

Stefan Engels

Der liturgische Tag begann in der Fastenzeit am Vorabend mit der Morgenhore, der vereinigten Matutin und Laudes. Es folgten am nächsten Tag in der Früh die kleinen Horen Prim, Terz, Sext und Non, die Messe und zur Mittagszeit die Vesper. Die Morgenhore an den drei Kartagen (Gründonnerstag, Karfreitag, Karsamstag) hieß „Finstermette“ (tenebrae).[9] Die Kirche wurde von einem dreieckigen Leuchterrechen, dem Triangulum, mit 25 (24 + 1) Kerzen erleuchtet. Nach jedem Psalm, jeder Lektion und jedem Responsorium wurde eine Kerze gelöscht, so dass der Kirchenraum immer finsterer wurde. Am Schluss blieb eine einzelne Kerze übrig, die, etwa hinter dem Altar, verborgen und erst am Schluss des Gottesdienstes wieder hervorgebracht wurde. Nach der mittelalterlichen Symbolik bezeichnete dies den Abfall der Jünger von Christus, seinen Tod und seine Auferstehung. Das Klopfen, mit dem man das Ende der Gebetszeit signalisierte, wurde zum Symbol für das Erdbeben beim Tode Christi umgedeutet („Pumpermette“). Die drei Lesungen der ersten Nokturn der Matutin an diesen drei Tagen sind den Lamentationen des Jeremias entnommen und wurden in eigenen lokal überlieferten Melodien gesungen.

Beginn der dritten Lesung aus den Lamentationen des Karsamstags

Oratio Ieremiae Prophetae. Recordare, Domine, quid acciderit nobis: intuere, et respice opprobium nostrum. Hereditas nostra versa est ad alienos: domus nostrae ad extraneos…
Gebet des Propheten Jeremia. Herr, denke daran, was uns geschehen, blicke her, und sieh unsre Schmach! An Ausländer fiel unser Erbe, unsere Häuser kamen an Fremde…

 

Notenbsp. Oratio Ieremiae / Music example Oratio Ieremiae

Notenbsp. Oratio Ieremiae

Antiphonale St. Lambrecht, » A-Gu Cod. 29 (14. Jh.), fol. 184r–185r. Zwei Fassungen der Lesung Oratio Ieremiae Prophetae. Die erste im 1. Modus (Ambitus c-d’) ist die jüngere Version. Die zweite, etwas einfachere, Version im 2. Modus (Ambitus G-g) findet sich schon im Lektionar » A-Gu Cod. 56,1 aus dem 12. Jahrhundert. / Antiphonal of St Lambrecht, » A-Gu Cod. 29 (14th century), fol. 184r-185r. Two versions of the lesson Oratio Ieremiae Prophetae. The first version, in mode 1 with the range c-d’, is the younger version. The second, slightly simpler, version in mode 2 (range G’-g) is already found in the 12th-century lectionary » A-Gu Cod. 56,1.

 

[9] Das Wort „Mette“ hat nichts mit „Messe“ zu tun, sondern ist das deutsche Wort für „Matutin“. Zu Weihnachten sang man die Matutin vor der Mitternachtsmesse, was zu einer Gleichsetzung der ähnlich klingenden Wörter „Messe“ und „Mette“ geführt hat.