Musik und die Leisen
Wo immer größere Gruppen von Menschen laufend oder reitend unterwegs waren, war Musik im Spiel, so auch bei Prozession und Wallfahrt. Zumindest haben Instrumente den Schritt vorgegeben, wie etwa die Zimbeln bei der Brixner Fronleichnamsprozession – parallel dazu die Pauken und Trompeten bei der Reiterei im Glaubenskrieg. Aber auch „stille“ Instrumente wie Laute und Fidel wurden bei Prozessionen gespielt.[15] Wallfahrer haben viel gesungen, vor allem Litaneien; den Anrufungen einzelner Heiliger, von Solisten vorgetragen, respondierte die Allgemeinheit mit „Kyrie eleison“. Dem entsprach die Aufführungsweise der „Leisen“, liturgisch nicht gebundene Lieder zu Wallfahrten und Hochfesten. Sie waren strophisch, meist vierzeilig, mit paarigen Reimen und dem Kehrreim als chorische Antwort auf die solistisch vorgetragene Strophe. » J. SL In Gottes namen faren wir, » J. SL Singen und Pilgern.
Mit der Zeit differenzierten sich Auszugs-, Einzugs- und Reiselieder aus, durchwegs mit einfachen Paarreimen und einem Refrain.[16] Es ist typisch für die mittelalterlichen Leisen, dass die im Text angesprochene Handlung als gemeinsame Aktion in der Wir-Form und in der Jetztzeit artikuliert wird, so als ob sie während des Liedvortrags selbst ausgeführt würde: „Wir … fahren“ (In Gottes Namen fahren wir), „wir … bitten“ (Nu bitten wir den heilgen Geist), usw. (» B. Geistliches Lied).
[16] Stürz 1978, 43–60.
[1] Schreiner 1992b, 1–13.
[2] Schreiner 1992b, 13–26; 27–41.
[3] Machilek 1992, 157–189.
[5] Rubin 1992, 309–318.
[6] Hofmeister-Winter 2001, 347–350, fol. 131v–132v.
[7] Ein Fronleichnamsspiel steht in der „Neustifter-Innsbrucker Spielhandschrift“ des Augustiner-Chorherrenstifts Neustift (» A-Iu Cod. 960, fol. 51r–59r); vgl. Thurnher/Neuhauser 1975. Allerdings wurde diese aus Thüringen stammende Handschrift in Tirol nicht praktisch verwendet.
[8] Brückner 1992, 18.
[9] Hofmeister-Winter 2001, 317, fol. 115v.
[10] Hofmeister-Winter 2001, 319, fol. 117r. Diese wohl realistische Befürchtung hat inhaltliche Gemeinsamkeiten mit dem Salzburger Spottlied „Die Pinzgauer wollten wallfahrten gehn; sie täten gerne singen, sie konntens nit gar schön“ (um 1800 entstanden).
[11] Hofmeister-Winter 2001, 317, fol. 116r.
[12] Hofmeister-Winter 2001, 304–311, fol. 109r–112v.
[13] Hofmeister-Winter 2001, 309, fol. 111v/112r.
[14] Hofmeister-Winter 2001, S. 307, fol. 110v.
[16] Stürz 1978, 43–60.
[17] Ohler 1986, 282–298.
[18] Schwob 2007, 66–68.
[19] Schwob/Schwob 1999-2013, Nr. 233.
[20] Schwob 2009, 17–28.
[21] Schwob/Schwob 1999–2013, Nr. 163.
[22] Schwob/Schwob 1999–2013, Nr. 377.
[23] Hochenegg 1984, Listen, passim.
[24] Bestände im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg, Südtiroler Landesarchiv Bozen, Diözesanarchiv Brixen.
[25] Schwob 1989, 291–326.
[26] Hochenegg 1984, 226–227.
[27] Pfarr- und Dekanatsarchiv Bruneck, Or. Perg. Urk. 1431 Oktober 2.
[28] Sinnacher 1830, 486–487.
[29] Angenendt 1997, 77–79.
[30] Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck, FB 32040.
[31] Wielander 1959, 3–88, Zitate; 86, 3.
[32] Bibliothek des Priesterseminars Brixen, Cod. F/5 (149).
[33] Spicker 2007, 86–118.
[34] Andergassen 2011, 77–79.