Minnesänger, Spruchdichter, Meistersinger
Im Unterschied zu den Minnesängern, bei denen es sich überwiegend um adlige, bisweilen fürstliche Dilettanten handelte, waren die meisten Sangspruchdichter Berufsliteraten, die ihren Lebensunterhalt vor allem als Fahrende und Auftragsdichter erwarben. Anders als Walther von der Vogelweide, der in großem Umfang auch Minnelieder schuf und dies als seine wesentliche Aufgabe ansah, beschränkten sie sich mit wenigen Ausnahmen (Tannhäuser, Konrad von Würzburg, Frauenlob) weitgehend auf den Spruchsang. Häufig standen sie in Konkurrenz zueinander, oft auch in Konkurrenz mit anderen Unterhaltungskünstlern. Sie entwickelten ein ausgeprägtes Kunst- und Traditionsbewusstein. Die typische Rolle war die des gelehrten, auf seine Autorität pochenden Lehrers, der vor ein in der Regel adliges Publikum trat. Die zeitübliche Benennung war die als ‚meister‘ (von lat. ‚magister‘), ihre Tätigkeit wurde als ‚meistersanc‘, d. h. ‘Gesang der Meister‘, bezeichnet. Um auf sich aufmerksam zu machen, legten manche Sänger sich auffällige Dichternamen zu, vgl. z.B. Höllenfeuer, Fegfeuer, der Wilde Alexander, Frauenlob, Regenbogen (‚rege den Fiedelbogen‘), auch der Zuname Walthers von der Vogelweide dürfte ein solcher Dichtername sein, kein Herkunftsname. Wohl schon im 14. Jahrhundert knüpften – wie schon angedeutet – die städtischen Meistersinger, stadtbürgerliche Dilettanten, an den professionellen Spruchsang an. Sie verehrten eine Reihe der alten Spruchsänger als Stammväter ihrer Kunst „alte Meister“), benutzten vielfach deren Töne, teilweise auch ihre Texte, schufen neue Lieder zu den vorhandenen Melodien und hielten das, was sie vom Spruchsang adaptierten, in ihren eigenen Singveranstaltungen, den Singschulen, teilweise bis in das späte 18. Jahrhundert am Leben. Terminologisch unterscheidet die heutige Forschung scharf zwischen den professionellen höfischen Spruchsängern und den in Gesellschaften oder Bruderschaften organisierten städtischen Meistersingern.
[1] Vgl. Brunner 1998; Klein/Haustein/Brunner 2019. Umfassende Bestandaufnahme in: Brunner/Wachinger 1986-2009, im Folgenden abgekürzt RSM.
[2] Vgl. Brunner 2013.
[3] Brunner/Hartmann 2010 (Gesamtausgabe der Melodien nach allen Quellen; im Folgenden abgekürzt SPS).
[4] Vgl. Rettelbach 2019; zur Umgestaltung der Melodien in der Spätüberlieferung vgl. Brunner 1975.
.[5] Walther von der Vogelweide wird zitiert nach Lachmann 2023, abgekürzt L.
[6] Ediert in Brunner 2005, S. 123-167.
[7] Ediert in SPS (Brunner/Hartmann 2010), S. 408-411.
[8] Bruder Wernher wird zitiert nach Z = Zuckschwerdt 2014.
[9] SPS (Brunner/Hartmann 2010), S. 427-432.
[10] Vgl. Brunner/Schrenk 2014.
[12] Zitiert nach Mildner 2023.
[13] SPS (Brunner/Hartmann 2010), S. 397-399.
[14] Die Sprüche sind aufgelistet bei Müller 1974, S. 350-353; Abdrucke der Texte bei Müller 1972. Die in der Jenaer Handschrift erhaltenen Melodien sind ediert in SPS (Brunner/Hartmann 2010).
[15] Vgl. hierzu Lämmert 1970; Ziegeler 2003; Glier 1981; Brinker-von der Heyde 1995. Die Liste der politischen Reden Suchenwirts findet sich bei Müller 1974, S. 191-201.
[16] Vgl das Faksimile; Thurnher/Zimmermann 1979; ferner Zimmermann 1980; Zimmermann 1995; Lomnitzer 1971.
[17] Zur Handschrift vgl. » B. Traditionsbildungen, mit » Abb. Iam en trena / Man siht läuber.
[18] Vgl. dazu zusammenfassend Callsen 2019.
[19] Vgl. Worstbrock 1992.
[20] Stohlmann 1983, Sp. 136.
[21] Texte und Melodien sind ausführlich behandelt in » B. Traditionsbildungen (Reinhard Strohm).
[22] Die Spruchmelodien in der Sterzinger und in der Schratschen Handschrift sind in SPS (Brunner/Hartmann 2010) berücksichtigt. Vgl. zur Handschrift Eghenvelders auch » Kap. Eine studentische Neidhartsammlung aus Wien (Marc Lewon) mit Musikbeispielen.
[23] Haustein/Willms 2021, Nr. 7 und 59.
[24] Vgl. Spechtler 1972; Waechter 2005; zu den Tönen Brunner 2013, S. 184-189. » Kap. Geistliche Lieder des Mönchs von Salzburg (Stefan Engels); » Kap. Die weltlichen Lieder des Mönchs von Salzburg (David Murray).
[25] Vgl. Brunner 2021.
[26] Vgl. Brunner 2013, S. 190-193.
[27] Vgl. Brunner 2011.
[28] Kl = Klein 2015
[29] Grundlegend hierzu Schanze 1983.
[30] Gille/Spriewald 1968-1971; dort in Bd. 3/1, S. 474-483, hrsg. von Christoph Petzsch, auch die Melodien; diese (synoptisch) auch in SPS (Brunner/Hartmann 2010), S. 6-17.
[31] Vgl. die Übersicht bei Müller 1974, S. 246-267.
[32] Vgl. Schanze 1987, Sp. 349-351.
[33] Schanze 1987, Sp. 351.