Die geistliche Spieltradition
Tanz, Instrumentalspiel und Gesang
Zwar bestand eine dauerhafte Restriktion des Tanzes im Mittelalter,[7] aber es sind auch liturgische Tänze bzw. mit dem Kirchenraum oder mit liturgischen Anlässen und Prozessionen verbundene Tänze belegt.[8] Man könnte auch an die vor allem in der Mystik beliebten Vorstellungen vom (himmlischen) Tanzen denken mit Jesus als Tanzmeister, der den himmlischen Reigen anführt.[9] Nach Richard Leighton Greene wurde zu Liedern wie Josef lieber nefe mein/Resonet in laudibus sogar in der Kirche getanzt.[10] Der Tanz im Kirchenraum könnte also – nach entsprechenden Restriktionen seitens der Kirche – in die geistlichen Spiele verlagert worden sein. Bei Marias Ankunft im Himmel im Innsbrucker (Thüringischen) Maria Himmelfahrtsspiel wird ein Tanz durch Raphael und Michael in Aussicht gestellt. Zunächst sagt Raphael: „Kunig aller gewaldiger herren,/ Wir wullen vil gerne dir czue eren/ tanczen unnd unser frawen czue prise/ und singenn manche suße wise“ (Mone 1841, 87, 2435a–2439). (König aller mächtigen Herren,/ wir wollen sehr gerne dir zu Ehren/ tanzen, und unserer Frauen (Maria) zum Lobe/ auch singen manche süße Weise.) Michael präzisiert: „nue tancz wir alle, daz ist myn rat“ (Mone 1841, 87, 2455). (Nun tanzen wir alle, das schlage ich vor.) Gegen Ende des Spiels kommen selbst Spielleute zum Einsatz: „Rex dicit: Nue schlat uff ir spellute,/ und pauck frolichen hute,/ und czyn wir alle hen mit salden,/ daz ez got von hymmel muz walden“ (Mone 1841, 104, 3084a–3088). (Der König sagt: Nun schlagt auf, ihr Spielleute, und paukt heute fröhlich, und ziehen wir alle von hinnen mit Segen, dass Gott vom Himmel es beschütze.) Die Engel fungieren oft als Erklärer und Deuter des Spiels; diese Deutungen singen sie. Eine Regieanweisung zur Divisio Apostolorum (Diaspora) kann das Verfahren der Inszenierung zeigen: „Deinde apostoli recedunt dividentes se in circulum. chorus interim/ cantat: cives apostolorum. hic apostoli separantur ab invicem. Angeli/ cantant ad laudem dei” (Mone 1841, 29, 268a–c). (Danach ziehen sich die Apostel zurück, indem sie sich in einem Kreis verteilen. Inzwischen singt der Chor: Cives apostolorum. Hier trennen sich die Apostel voneinander. Die Engel singen zum Lobe Gottes.) Es werden sogar die Gesangsarten bestimmt, wenn Simon zum Gesang aufruft: „und singet uwir leyse [also]“ (Mone 1841, 42, 766). Sogar Synagoga tritt singend auf: „Ad laudem vel synagoga cantat“ (Mone 1841, 37, 572a). (Zum Lob singt die Synagoge.) Nicht von ungefähr listet daher Peter Dinzelbacher bei den Bestandteilen spätmittelalterlicher Religiosität die Musik als eigenen Punkt auf.[11] Der Gesang kann auch komischen Zwecken dienen: Im Klosterneuburger Osterspiel singen die Grabwächter das Spottlied Schowa propter insidias,[12] und eine abwertend-verspottende Funktion haben auch die Judengesänge einiger Spiele, die Cantica hebraica; diese Gesänge wurden oft separat eingeübt.[13]
Dramatische Funktionen der Gesänge
Die meisten Szenen des geistlichen Spiels wurden von Musik (in ihren verschiedenen Formen wie Antiphonen, Rezitationen, Chorgesängen) inhaltlich wie strukturell dominiert. Hierbei wurde auch oft die Zuschauergemeinde integriert, mit der Aufforderung, gemeinsam mit den Schauspielern Lieder zu singen. Als Beispiel kann das Trierer Osterspiel dienen, an dessen Ende die Aufforderung steht: „Hude van des dodes banden/ ist unßer here froelychen vff erstanden./ Mit deme sollen wyr froelychen syn/ Vnd laessen alle truren lygen. Et cum hoc incipiet cantor sequentiam Victime paschali etc” (Mone 1841, 66, 176ff.).[14] (Heute ist von des Todes Banden/ unser Herr fröhlich auferstanden./ Mit ihm sollen wir fröhlich sein/ und alles Trauern liegen lassen. Und damit beginnt der Kantor die Sequenz Victimae paschali usw.) Hier ist davon auszugehen, dass die Zuschauer in das Lied eingestimmt haben. Häufig wurden solche bekannten Lieder in die geistlichen Spiele integriert. Sie sind oft nur mit dem Incipit in den Spieltexten vermerkt.
Mittelalterliche Autoren skizzieren ihre Sinneseindrücke bei der Rezeption von Musik: „Listening and singing, the experience of music, are portrayed as having a corporeal effect that produces sensations of an intense sensory and emotional character.“[15] Bernhard von Clairvaux fordert, dass ein Lied das Ohr liebkosen und das Herz erreichen müsse,[16] und Thomas von Aquin äußert, dass sowohl stimmliche als auch instrumentale Musik in der Lage sei, die Seele auf Gott auszurichten.[17] In eine ähnliche Richtung geht Roger Bacon, wenn er schreibt, dass eine Melodie die Macht habe, die christliche Devotion zu gewährleisten.[18] Resümierend hält Wolfgang Fuhrmann diese und vergleichbare Aussagen fest: „Wesentlich für die christliche Musikanschauung ist die existenzielle Verankerung des Singens: Man muss an die Inhalte des Gesungenen mit aller Inbrunst glauben, und das wiederum hat zur Folge, dass man sie auch in seinem Leben im Wortsinn beherzigen muss.“[19] Demnach konnten die geistlichen Spiele durch ihre oft zahlreichen Liedeinlagen, die bisweilen auch die Zuschauergemeinde mitgesungen hat, eine besondere emotionale Wirkung erzeugen. Es scheint sogar, dass die Vermittlung von emotionalen und kognitiven Gehalten durch die Musik der Spiele derjenigen des Kirchenchorals an Fülle und Variabilität zu vergleichen war. Die Frage von Hansjürgen Linke, ob „man im Mittelalter schon Affekte komponieren und so Melodien zu Bedeutungsträgern machen wollte und konnte“, darf bejaht werden.[20] Die Musik in den geistlichen Spielen ist dabei gewissermaßen als paralleles Erzählen aufzufassen: „Der differenzierte stimmliche Ausdruck des Gesangs kann Textinhalte verständlich oder doch verstehbar machen, auch wenn das Wort nicht verstanden wird.“[21]
Ausdruckscharakter der Musik
Bei ihrer Untersuchung der Musik der in den Sterzinger Spielen überlieferten Marienklage stellt Sabine Prüser fest, dass die Melismenlegung zur Betonung bestimmter Wörter dienen kann, denn durch die Setzung der Melismen auf Wörtern wie wainen oder herczenlaid, die kurzzeitig den Quintraum erweitern oder die phrygische Halbtonfigur e-f-e-d-e verwenden, wird das Leid musikalisch versinnbildlicht.[22]
Auch bietet die Integration geläufiger Lieder die Möglichkeit des Einfühlens in präsentiertes Geschehen, was bis zur Evokation von Compassio reichen kann.[23]
Entsprechend werden in der Tiroler Spieltradition Gesang und Instrumentalmusik gleichermaßen genutzt: „Ibi tanguntur Instrumenta musicalia. Post hoc Saluator cantat“ (Lipphardt/Roloff, Bd. 1, 42, 732ab). (Hier werden Musikinstrumente gespielt. Danach singt der Erlöser.) Dabei ergänzen sich in mischsprachigen Spielen gesungene lateinische (canere / cantare) und im Sprechgesang vorgetragene deutschsprachige (dicere) Passagen.
So wird „das Hin- und Herpendeln zwischen ritualisierter Feierlichkeit und lebensweltlicher Dramatik […] für ein lateinunkundiges Publikum zu einem einprägsamen Erlebnis. Es erhält seine pastorale Sinngebung dadurch, daß die lateinischen Texte meistens von einer Gruppe (den Engeln, Marien, Aposteln), die deutschen Gegenstücke dagegen von einer Spielerfigur aus diesem Ensemble vorgetragen werden: Durch sie kann sich jeder einzelne Zuschauer im Akt des Verstehens in das heilsgeschichtliche Geschehen integrieren, dessen Gültigkeit der Gruppengesang bei den liturgiesprachlichen Textpassagen versinnbildlicht.“[24]
In Rabers Passion wird die Grabwache mit großem korporalen und musikalischen Aufwand im Rahmen einer Sing-/Tanzprozession inszeniert: „Primus miles dicit volens ire: Wier varen dahin mit schalle,/ Wier rueffn vnd singen alle,/ […] Drummb tretet all auf mein gespor,/ Get mir nach, ich ge euch vor./ Et sic vadunt ad sepulchrum cantando: Wir sullen zu dem grabe gan [etc.]/ Secundus miles Waxring dicit ad primum: […] Gern tancz wir, nun sinng vnns vor./ Primus miles Vnuerczagt cantat vt prius vel aliud: Wier sullen vmb daz grabe gan/ vt supra” (Lipphardt/Roloff Bd. 3, 93–94, 2275a–2278a). (Der erste Kriegsmann, der abgehen will, singt: Wir fahren dahin mit Schalle/ wir rufen und singen alle: […] Darum tretet nach mir in meine Spur/ geht mir nach, ich geh euch vor. / So gehen sie zum Grab, singend: Wir sollen zu dem Grabe gehn […] Der zweite Kriegsmann, Waxring, sagt zum ersten: […] Wir tanzen gern, nun sing uns vor. Der erste Kriegsmann, Unverzagt, singt wie zuvor oder etwas anderes: Wir sollen um das Grabe gehn, wie oben.)
Ausrichtung auf die Zuhörer
Weit verbreitet in den Spielen ist der Gesang des Liedes Christ ist erstanden, das vom Publikum mitgesungen wurde,[25] das sich dadurch in das Spielgeschehen integrierte. Die erzählenden Gesänge können auch die Funktion eines Bühnenbildes übernehmen, da sie den Hintergrund des Geschehens illustrieren.[26] Joerg Fichte wird durch die Anzahl von in Spielen integrierten Gesängen (er benennt u. a. im Sterzinger Passionsspiel 82, in Pfarrkirchers Passion 79, im Bozener Spiel 61 Gesänge im Laufe der Passionshandlung) motiviert, diese in die Nähe von Singspielen zu rücken.[27] Er nimmt überdies eine Milderung des grausamen Geschehens durch Musik an, entweder, indem Jesus selbst singt oder indem von anderen gesungen wird.[28] Die gesungenen „Silete“(„Schweigt“)-Rufe, die oft vor einschneidenden Darstellungen stehen (z. B. im Wiener Osterspiel vor der Höllenfahrt Christi oder vor der Erscheinungsszene) haben u. a. die Funktion, die aus den Szenenwechseln resultierende Unruhe im Publikum zu besänftigen.
Die Zweckorientierung der geistlichen Spiele ist die religiöse Belehrung und Erbauung; dementsprechend steht nicht unbedingt die künstlerische Elaboriertheit im Vordergrund, sondern die Allgemeinverständlichkeit im Sinne der Wirkungsabsicht einer breit gestreuten religiösen Vermittlung von Heilstatsachen.[29] Wie Linke darlegt, ist das geistliche Spiel „Massenmedium des Mittelalters“.[30] Eine Scheidewand zwischen geistlichem und weltlichem Spiel zu etablieren, entspricht nicht mittelalterlicher Auffassung, gerade die Techniken der Theatralisierung sind aufgrund ähnlicher Voraussetzungen vergleichbar. Dementsprechend leisten die geistlichen, genauso wie die weltlichen Spiele einen wichtigen Beitrag zur städtischen Kultur.
[7] Vgl. Baumgartner 1974, 102–107, 111–112; Daniels 1981, 24, 33, 49; Berger 1985, 29; Hammerstein 1974, 45–47; Hammerstein 1990, 48.
[8] Vgl. bereits Spanke 1930, 143–170; Spanke 1932, 1–22; Chailley 1969, 357–380, mit Bildmaterial; Baumgartner 1974, 102–112; Daniels 1981, 22–336; Berger 1985, 29–31, 34; Hammerstein 1990, 48. Besonders die Springprozession von Echternach ist zu nennen, vgl. van Baaren 1964, 112; Chailley 1969, 357; Baumgartner 1974, 111.
[9] Beispielsweise spricht Heinrich Seuse vom (himmlischen) Tanz in positiver Weise, vgl. Bihlmeyer 1907, 21. Zum Leben Seuses siehe Bihlmeyer 1907, Kap. XXIII, 69 und zu dem grossen Briefbuch, IX. Brief, 432–433. Siehe auch die bei Banz 1908, 99–100 angeführten Stellen, z. B. „J e s u s i s t T a n z m e i s t e r. […] ‚Do fFrt Ihesus den tancze mit aller megde schar‘“ ( 99); „J e s u s s p i e l t u n d t a n z t v o r […] ‚Jesus der tanzer maister ist, Zu swanzet hat er hohen list, Er wendeth sich hin, er wendet sich her, Si tanzent alle nach sîner ler …“ ( 99); „H i m m e l s t a n z. a) a l l g e m e i n. […] ‘Si (die jungfräuliche Seele) wurd dort [in der Ewigkeit] iren gemahel schowen .., Und für an der megde schar, Da nieman mer an getar, An der junkfrowen tanz‘ […] b) J e s u s f ü h r t d e n h i m m l i s c h e n R e i g e n a n“ (99–100).
[10] Vgl. Greene 1977.
[11] Vgl. Dinzelbacher 1990, 22–23.
[12] Vgl. Pfeiffer 1908, 25ff.
[13] Vgl. Thoran 1996, 252–253.
[14] Zum Trierer Osterspiel vgl. Hennig/Traub 1990; Traub 1988.
[15] Largier 2003, 9. Siehe auch Davidson/Davidson 1998. Hier werden als Werkstattbericht praktische Aufführungsbeipiele der Neuzeit beschrieben, z. B. die Visitatio Sepulchri (Fleury), das Sponsus-Spiel von St. Martial, das Lazarusspiel (Fleury), das Peregrinusspiel, der Ludus Danielis (beide Beauvais) und der Ordo Virtutum von Hildegard von Bingen.
[16] Vgl. Schueller 1988, 357.
[17] Vgl. Schueller 1988, 385.
[18] Vgl. Loewen 2004, 248.
[19] Fuhrmann 2004, 13.
[20] Linke 1985, 61.
[21] Henkel 2004, 42.
[22] Vgl. Prüser 1994, 151.
[23] Vgl. Prüser 1994, 157.
[24] Janota 2004, 357. Vgl. auch Mehler 1981, 247–259, der Differenzierung empfiehlt und präzisiert, dass dicere oft diejenige Vortragsart hervorruft, die in der Liturgie an dieser Stelle gefordert war.
[25] Vgl. Schuler 1951, 13.
[26] Vgl. Schuler 1951, 43.
[27] Vgl. Fichte 1993, 285.
[28] Vgl. Fichte 1993, 285–286.
[29] Vgl. Bergmann 1989, 419.
[30] Linke 1971, 358.
[1] Vgl. Linke 1987, 150.
[2] Vgl. Bergmann 1984, 71.
[3] Vgl. Bergmann 1989, 424.
[4] Vgl. Wildenberg-de Kroon 1988, 151.
[5] Vgl. Nordsieck 1945, 117.
[6] Alle Übersetzungen des Essays stammen von Reinhard Strohm.
[7] Vgl. Baumgartner 1974, 102–107, 111–112; Daniels 1981, 24, 33, 49; Berger 1985, 29; Hammerstein 1974, 45–47; Hammerstein 1990, 48.
[8] Vgl. bereits Spanke 1930, 143–170; Spanke 1932, 1–22; Chailley 1969, 357–380, mit Bildmaterial; Baumgartner 1974, 102–112; Daniels 1981, 22–336; Berger 1985, 29–31, 34; Hammerstein 1990, 48. Besonders die Springprozession von Echternach ist zu nennen, vgl. van Baaren 1964, 112; Chailley 1969, 357; Baumgartner 1974, 111.
[9] Beispielsweise spricht Heinrich Seuse vom (himmlischen) Tanz in positiver Weise, vgl. Bihlmeyer 1907, 21. Zum Leben Seuses siehe Bihlmeyer 1907, Kap. XXIII, 69 und zu dem grossen Briefbuch, IX. Brief, 432–433. Siehe auch die bei Banz 1908, 99–100 angeführten Stellen, z. B. „J e s u s i s t T a n z m e i s t e r. […] ‚Do fFrt Ihesus den tancze mit aller megde schar‘“ ( 99); „J e s u s s p i e l t u n d t a n z t v o r […] ‚Jesus der tanzer maister ist, Zu swanzet hat er hohen list, Er wendeth sich hin, er wendet sich her, Si tanzent alle nach sîner ler …“ ( 99); „H i m m e l s t a n z. a) a l l g e m e i n. […] ‘Si (die jungfräuliche Seele) wurd dort [in der Ewigkeit] iren gemahel schowen .., Und für an der megde schar, Da nieman mer an getar, An der junkfrowen tanz‘ […] b) J e s u s f ü h r t d e n h i m m l i s c h e n R e i g e n a n“ (99–100).
[10] Vgl. Greene 1977.
[11] Vgl. Dinzelbacher 1990, 22–23.
[12] Vgl. Pfeiffer 1908, 25ff.
[13] Vgl. Thoran 1996, 252–253.
[14] Zum Trierer Osterspiel vgl. Hennig/Traub 1990; Traub 1988.
[15] Largier 2003, 9. Siehe auch Davidson/Davidson 1998. Hier werden als Werkstattbericht praktische Aufführungsbeipiele der Neuzeit beschrieben, z. B. die Visitatio Sepulchri (Fleury), das Sponsus-Spiel von St. Martial, das Lazarusspiel (Fleury), das Peregrinusspiel, der Ludus Danielis (beide Beauvais) und der Ordo Virtutum von Hildegard von Bingen.
[16] Vgl. Schueller 1988, 357.
[17] Vgl. Schueller 1988, 385.
[18] Vgl. Loewen 2004, 248.
[19] Fuhrmann 2004, 13.
[20] Linke 1985, 61.
[21] Henkel 2004, 42.
[22] Vgl. Prüser 1994, 151.
[23] Vgl. Prüser 1994, 157.
[24] Janota 2004, 357. Vgl. auch Mehler 1981, 247–259, der Differenzierung empfiehlt und präzisiert, dass dicere oft diejenige Vortragsart hervorruft, die in der Liturgie an dieser Stelle gefordert war.
[25] Vgl. Schuler 1951, 13.
[26] Vgl. Schuler 1951, 43.
[27] Vgl. Fichte 1993, 285.
[28] Vgl. Fichte 1993, 285–286.
[29] Vgl. Bergmann 1989, 419.
[30] Linke 1971, 358.
[31] Simon 1969, 5.
[32] „Das St. Pauler (schwäbische) Neidhartspiel ist […] nach dem 10. Februar 1367 aufgezeichnet worden. Ob die Abschrift zur Ausstellungszeit des Originals, kurz danach (also noch 1367) oder einige Zeit später (um 1370) gemacht wurde, muss offen bleiben.“ (Simon 2003, 47)
[33] Vgl. Simon 1969, 6.
[34] Wolfgang Spiewok veranschlagt als zusätzliches Argument, dass die körperlichen Verausgabungen durch Tanz und Prügeleien eine notwendige Erholungspause der Darsteller suggerieren (Spiewok 1997, 13), was aber m. E. nicht zwingend ist, da man über Art und Dauer der jeweiligen Szenen kaum Aussagen treffen kann.
[35] Vgl. Margetts 1982, 284.
[36] Vgl. Gusinde 1899, 107.
[37] Vgl. Schuldes 1974, 99–100.
[38] Vgl. Schuldes 1974, 128–129 (mit Beispielen), 130–132.
[39] Vgl. Spiewok 1988, 189.
[40] Gusinde 1899, 166. „Es findet sich keine Szene, die nicht mit einem Tanz eingeleitet (!) bzw. mit einer Massenprügelei beendet wird.“ (Ten Venne 1989, 145).
[41] Vgl. Marelli 1999, 45 (“una materia tipicamente tirolese […], che si diffuse in tutte le regioni meridionali di lingua tedesca“).
[42] Diese „[z]um Gebrauch des Spielleiters angefertigte und damit bestimmten spieltechnischen Erfordernissen unterworfene Dirigierrollen […] erlauben einerseits eine relativ zuverlässige Rekonstruktion des Inszenierungshergangs [….]; andererseits geben sie Aufschluß über die Arbeitsweise mittelalterlicher Regisseure, die Proben und Aufführungen anscheinend in der Regel anhand eines solchen Hilfsmittels leiteten“ (Neumann 1979, 164).
[43] Vgl. Margetts 1982, 303.
[44] Zeilenangabe nach Margetts 1982, 309; zur Problematik von Margetts’ Zählung, der die Zeilen nach der Handschrift umbricht und zählt (mit entsprechend verfälschendem Resultat) siehe Siller 1985, 397–398.
[45] „Durch dreimaliges Längsfalten der Blätter schuf er zunächst drei die Schrifträume markierende Vertikallinien. Der dritte Längsknick bildet nur auf den Versoseiten, wo er als erster erscheint, eine Markierlinie […]. Links vor dem ersten Knick (am Knick im Szenar) trägt er in rot die Sprecherbezeichnungen ein, im Szenar dazu Kurzfassungen von fünf Regieanweisungen […]. An der ersten Falte beginnen mit Versalien die Sprechverse, die sich über den Rest der Seite erstrecken. […] Die Regieanweisungen (rechte Blatthälfte) beginnen in beiden Heften am Mittelknick.“ (Simon 2003, 153–154)
[46] Dörrer 1950, 376.
[47] Dörrer 1950, 378.
[48] Vgl. Siller 1985, 400–402.
[49] Simon 1969, 10.
[50] Linke 2004, 83.
[51] Vgl. Freise 2002, 471–472.
[52] Vgl. Simon 2003, 136.
[53] Arnheim/Arnhem [1395] „Primo te Vastelavont [Februar 23] die gesellen spoelden her Nyters spil 12 quarten [Wein], 3 lb 4ß.“; [1419] nach Februar 2: „Den gesellen die her Nytarts spoel spoelden 25 quarten ad 3 bl 5 fl.“ (Simon 2003, 367, Nr. 2 und 369, Nr. 19).
[54] Simon 2003, 370, Nr. 29; 425, Nr. 350 und 430, Nr. 381; 370, Nr. 31; 443, Nr. 461; 444, Nr. 462; 447, 477–478; 480–483; 385, Nr. 120; 393, Nr. 160; 378–379, Nr. 67 und 68; 378, Nr. 64.
[55] Der Brief Maximilians ist abgedruckt bei Simon 2003, 392, Nr. 154.
[56] Glier 1965, 555.
[57] Vgl. Böckmann 1949, 187–188.
[58] Vgl. Jöst 1976, 124 ff.; Simon 1968, 458–474.
[59] Vgl. Simon 2003, 24. Mit dem Zeitpunkt der fastnächtlichen Aufführungen im Tiroler Gebiet beschäftigt sich Graß 1956/57, 204–237: „Unter der Regierung Erzherzog Ferdinand II. von Tirol erhoben Kirche und Verwaltungsbehörden ernsthafte Bedenken gegen die volkstümlichen Mummereien, besonders gegen die lustigen Volksgewohnheiten während der Fastenzeit“ (214). Ein Dekret der landesfürstlichen Regierung aus dem Jahre 1569 fordert dementsprechend die Verlegung des Brauchs in die Zeit vor Aschermittwoch (215), ohne den Brauch selbst zu problematisieren.
[60] Vgl. Margetts 1982, 276. Der Platzbedarf war enorm durch die vielen zeitgleich agierenden Personen (und die Sitze für etwa 60 Spieler) gerade bei Tänzen oder Kämpfen.
[61] Vgl. Simon 1977, 97.
[62] Vgl. Margetts 1982, 264–265 und ferner Margetts 1975, 158.
[64] Zu diesen vgl. besonders auch » B. Das Phänomen „Neidhart“.
[65] Zellweker 1906, 3.
[66] Die Lieder Neidharts werden, entsprechend dem jahreszeitlich differierenden Natureingang der Lieder, in Sommer- und Winterlieder unterteilt.
[67] Vgl. Vögel 1997, 168.
[68] So z. B. im Lied Do der liebe sumer urloup genam (Müller/Bennnewitz/Spechtler 2007, Bd. 1, 124, R 16, VI).
[69] Vgl. Simon 1975, 114–115. D. h., dass die Vortänzer zu ihrem Tanz selbst sangen.
[70] Mit dem „hovetanzel nah der geigen“ könnte ein Reigentanz gemeint sein; Bauerntänze sind in ikonographischen Belegen um 1500 fast ausschließlich als Paartänze dargestellt.
[71] Bei dem Lied Urlaub hab der winter handelt es sich um das in der Nürnberger Papierhandschrift c aus dem 15. Jahrhundert (entstanden zwischen 1461 und 1466, D-B Ms. germ. fol. 779) notierte Veilchenlied (fol. 149r –149v). » B. Das Phänomen “Neidhart”.
[72] Müller/Bennnewitz/Spechtler 2007, Bd. 2, 61–63, c 17.
[73] Die Holzschnitte werden abgebildet in Bobertag 1884; vgl. auch Jöst 1980 und Jöst 2000.
[74] Vgl. Schweikle 1994, 418, 425, 428.
[75] „Was in den Winterliedern zusammenfassend die dörper im negativen Sinne auszeichnet, und was besonders durch das Verhalten ihres Gegenspielers, des höfisch sich benehmenden Einzelgängers, deutlich wird, ist ihre Unhöfischkeit, sind ihre Verletzungen und Übertretungen ritterlich-höfischer Werte, vor allem von mâze und zuht. Neidharts dörper sind […] die Gegentypen, Gegenbilder zu dem ebenfalls zunächst im literarischen Bereich geschaffenen Idealtypus des höfischen Menschen, dem Ritter“ (Schweikle 1994, 423–424).
[76] Blank 1979, 216.
[77] Simon 1968, 458.
[78] Cormeau 1986, 56. Siehe auch Franz 1976. Zur Komik, die durch Gegenbildlichkeit entsteht, siehe Jauß 1976, 103–132.
[79] Vgl. Margetts 1982, 266–268.
[80] Vgl. Mayer 1976, 177–190; Blickle 2004.
[81] Siller 1985, 389.
[82] Blaschitz/Schedl 2000, 100.
[83] Brill 1908, 73.
[84] Gusinde 1899, 166.
[85] Traverse 1997, 1.