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Johannes Brassart

Mirjam Kluger

Unter den niederländischen Kantoren, die zunächst Albrecht II. von Sigismund dem Luxemburger und später Friedrich III. von Albrecht II. in seine Hofkapelle übernahm (vgl. » F. Musiker aus anderen Ländern), befand sich Johannes Brassart (ca. 1405–1455).[31] Brassart zählt zu den bekanntesten franko-flämischen Komponisten des frühen 15. Jahrhunderts und war wahrscheinlich einer der bedeutendsten wie auch der erste wirklich bedeutende Musiker an einem habsburgischen Hof.[32] Wie bereits bei Sigismund bekleidete er auch bei Albrecht II. und Friedrich III. eine leitende Funktion in der Hofkapelle.[33] Aus den Schreiben, in denen er 1437 im Dienste Sigismunds als rector capelle, zwei Jahre später im Dienste Albrechts II. als cantor[] regis, 1443 in einem Brief Friedrichs III. an den Bischof von Lüttich als capelle nostre cantor principalis und in einem weiteren Schreiben von 1455 als ehemaliger capel[lae] imper[ialis] cant[or] et rect[or] principalis bezeichnet wird, scheint nicht unmissverständlich hervorzugehen, ob Brassart immer die gleiche Position innehatte und was genau sein Aufgabenbereich war.[34] Wie lange Brassart in der Hofkapelle Friedrichs III. verblieb, ist nicht geklärt.[35] Seine Anwesenheit an Friedrichs Hof lässt sich zuletzt für Dezember 1443 belegen.[36] Länger als bis 1455 kann seine Tätigkeit für Friedrich jedenfalls nicht angedauert haben, denn er verstarb in diesem Jahr.[37]

Wer nach Brassart seine leitende Funktion in der Hofkapelle Friedrichs III. übernommen hat, ist nicht bekannt. Der einzige und auch sehr vage Hinweis auf einen möglichen Nachfolger Brassarts stammt etwa ein Jahrhundert später von dem Wiener Schottenorganisten Johann Rasch. Dieser erwähnt einen Erasmus Lapicida als Kaiser Frideri(ci) 3. von Maximil(iani) 1. oder auch als abzunemen Künigs Matthie und Künig Ludwigs capelmaister. Falls Lapicida Friedrich III. tatsächlich in einer solchen Position diente, was wegen der erst viel späteren Nennung als äußerst ungewiss anzusehen ist, kann dies zumindest in der Zeit unmittelbar nach Brassart nicht der Fall gewesen sein, sondern höchstens in Friedrichs III. späterer Herrschaft, da Lapicida erst um die Mitte des 15. Jahrhunderts geboren wurde.[38] Federhofer schlägt vor, dass Nicolas Mayoul, bevor er in die Hofkapelle Maximilians wechselte, als Amtsnachfolger Brassarts gewirkt haben könnte.[39] Allerdings ist Mayoul in den Quellen nur als Kantor Friedrichs III. in den Jahren 1460–1470 genannt.[40]  In den Preces primariae-Registern Maximilians I. von 1508 jedoch erscheint ein Nicolaus Mayoul Jumerer (?) capellanus regiae maiestatis, also wohl ein jüngerer Träger desselben Namens.[41]

Brassart prägte die Hofmusik Friedrichs III. in jedem Fall auch als Komponist. Seine Werke sind zum größten Teil in den Trienter Codices » I-TRbc 87 und » I-TRbc 92 und im Codex Aosta (» I-AO Cod. 15) überliefert.[42] (» Kap. Musikquellen und Repertoire) Es werden ihm insgesamt um die dreißig Stücke – mit Ausnahme einer dreistimmigen Vertonung von Christ ist erstanden nur Messensätze, Introiten und Motetten – zugeschrieben. Die im Codex Aosta notierte Motette O rex Fridrice hat er zweifellos für Friedrich III. komponiert.[43] (» Kap. O rex Fridrice) Auch weitere seiner Werke könnten für Friedrichs III. Hofkapelle geschaffen worden sein, darunter die Fronleichnamsmotette Sacris solemniis.[44]

[31] Lindmayr-Brandl 2000, Sp. 756f.; Wright 1992, S. 42.

[32] Hilscher 2000, S. 23; Wright 1992, S. 41f.

[33] Heinig 1989, S. 158f.; Wright 1992, S. 42.

[34] Heinig 1989, S. 158; Meyer-Eller 1986, S. 149f.; Wright 1992, S. 42 – Fußnote 5; Rep. Germ. VII, Nr. 186 (http://rg-online.dhi-roma.it/RG/7/186 [27.05.2018]).

[35] Kluger 2013, S. 47.

[36] Meyer-Eller 1986, S. 149.

[37] Lindmayr-Brandl 2000, Sp. 757.

[38] Gruber 1995, S. 180; Heinig 1989, S. 159.

[39] Federhofer 1971, S. 621.

[40] Gancarczyk 2013, S. 251f.

[41] Reichert 1954, S. 115. Dieser könnte mit dem Kleriker und Sänger „Nicolaus Mayoul jun.“ identisch sein, der am 23. Januar 1477 in Brügge seine Primiz feierte und anschließend als Kaplan Maximilians I. und später Philipps des Schönen belegt ist: Strohm 1984, S. 186. Freilich bezeichnet ihn Pietzsch 1966, S. 189, als Mayoul den Älteren.

[42] Lindmayr-Brandl 2000, Sp. 757; Meyer-Eller 1986 , S. 148.

[43] Lindmayr-Brandl 2000, Sp. 758.

[44] Strohm 1993, S. 257; Lütteken 2002, Sp. 137.