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Die Kantorei nach Edlerawer

Reinhard Strohm

Es ist unsicher, inwieweit Hermann Edlerawer (» G. Hermann Edlerawer) noch am Zustandekommen der Sakramentsstiftung Friedrichs III. beteiligt war; jedenfalls hatte er ab 1445 viel in der städtischen Kanzlei zu tun.[96] Er übernahm städtische Funktionen wie Dienstreisen sowie Aufgaben für den Hof und die Universität. Als die Ausbezahlung seines städtischen Gehalts 1449 eingestellt wurde (er wurde nur noch für zwei Vierteljahre bezahlt), war es wohl nicht mehr für Kantoreidienste gedacht.[97] Die Stelle des Schulkantors ging zwischen 1445 und 1449 auf Conrad Lindenfels über, der erstmalig in einer Urkunde vom 13. November 1449 als Kantor zu St. Stephan erwähnt ist. 1457 erhielt Lindenfels eine nachträgliche Vergütung für „fridämter“ als „weilent“, d. h. ausgeschiedener, Kantor.[98] 1479 wurde er hingegen Chorherr und Kantor der Kirche (was beweist, dass seine vorherige Anstellung die des Schulkantors gewesen war); er starb 1488.[99]

In der Schulordnung der Bürgerschule von 1446 (» H. Schule, Musik, Kantorei) stehen Bestimmungen für einen Subkantor; dieses Amt bekräftigte der Stadtrat 1461 mit der Errichtung einer „locatei“, d. h. einer Unterrichtsstelle, in der Schule für den Subkantor, der dort die Knaben Gesang lehren sollte – unter Zurücknahme der Schulordnung von 1446. Dafür wurden sogar zwei Chorpulte (pulpidum) durch den Tischler angefertigt.[100] Im Kantoreihaus selbst hatte man schon 1457 eine „Tafel zum notirn“ aufgestellt und einen Maler „darauf zu malen“ (offenbar der Notenlinien) beauftragt.[101]

Aufgrund einer testamentarischen Schenkung von Ulreich Metzleinsdorfer vom Jahre 1458 (A-Wda, Urkunde 14580930) wurde als Aufgabe des Kantors von St. Stephan eine wöchentliche Marienmesse eingerichtet; diese könnte in der Rathauskapelle zu Unser Lieben Frau gehalten worden und musikalisch bedeutsam gewesen sein; das entsprechende Einkommen des Kantors war jährlich 8 tl.[102]

Seit spätestens 1478 wurde dem Schulkantor wieder ein städtisches Grundgehalt von jährlich 12 tl. zugesprochen, so lange er keine priesterliche Präbende hatte („dieweil er kain beneficium hab zur Besserung seines solds“).[103] Diese auch „Compactat“ genannte Vereinbarung war mindestens bis zum Jahrhundertende in Kraft. Wahrscheinlich reflektiert sie die gestiegenen musikalischen Anforderungen an die Kantorei.

[96] OKAR 9 (1445), fol. 51r; die Stadtrechnungen von 1446–1448 sind verloren. Vgl. Rumbold/Wright 2009, 48–50.

[97] OKAR 10 (1449), fol. 32r.

[98] Mayer 1895–1937, Abt. II/Bd. 2, Nr. 3333 (zu 1449); OKAR 15 (1457), fol. 41r.

[99] Zschokke 1895, 375; Rumbold/Wright 2009, 50–51. Lindenfels machte sich gleich nach seiner Installierung 1479 dadurch unbeliebt, dass er als Kapitelkantor das Recht beanspruchte, seine Chorherrenwohnung noch vor dienstälteren Kanonikern zu wählen (A-Wda, Acta Capituli 14461551, Cod. II, fol. 18r).

[100] OKAR 18 (1461), fol. 82v. Die Gesamtkosten für Tischler und Schlosser (für Eisenriegel zur Sicherung der Chorbücher) betrugen 160 d.

[101] OKAR 15 (1457), fol. 118v. Die Gesamtkosten für Tischler und Maler betrugen 95 d.

[102] OKAR 16 (1458); OKAR 36 (1474), fol. 22r.

[103] OKAR 42 (1478), fol. 32v.