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Spielleiter und Texte

Reinhard Strohm

Die Bozner Schulmeister waren ab ca. 1472 die Leiter und z. T. Autoren der Spieltexte. Ihnen halfen die Junkmeister und manchmal der Kirchprobst selbst mit Schreibarbeiten. So wurde 1494 ein „Spill der auffahrt“ (Himmelfahrtsspiel) angeschafft, das der Junkmeister dann kopieren musste.[46] 1495 entstand in der Pfarrkirche die erste erhaltene, umfangreiche Handschrift der „Bozener Passion“.[47] In den Passions- und Osterspielen trat der Schulmeister als Salvator (Jesus) auf: 1495 agierte der Junkmeister (succentor) als Precursor, und der Altist Johannes (» Kap. Buch- und Schriftwesen und » Kap. Polyphonie) als Erster Jude. Manche Texte erhielt man von auswärts, besonders Sterzing, von woher der Maler Vigil Raber im Jahre 1510 nach Bozen kam. Der Schulmeister Benedikt Debs (1511 aus Ingolstadt zugezogen, gest. 1515) verlieh der Bozner Spielpraxis besonderen Aufschwung. Die monumentalen Aufführungen der Passion, wie z. B. die berühmte siebentägige von 1514, sind der Initiative Rabers zu verdanken, ebenso die Überlieferung und Erweiterung der von Debs begründeten Spieltextsammlung des „Sterzinger Spielarchivs“. (» H. Sterzinger Spielarchiv)

 

[46] I-BZac Hs. 655, fol. 53v.

[47] Vgl. Neumann 1987, Bd. 1, 143–157; ausführlich zur Passion von 1495 auch Paoli Poda 1999 und Obermair 2004.

Obermair 1999 | Obermair 2006 | Tonini 1999