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Soziale Erweiterung der Fronleichnamsbruderschaft

Aneta Bialecka

Die wesentliche Erneuerung der Wiener Fronleichnamsbruderschaft 1497 lag in der Inkorporierung der Tischlerzunft in die bereits bestehende Einrichtung. Der Bildschnitzer und Zechmeister der Tischlerzunft Wilhelm Rollinger gehörte neben dem Ratsherrn und Kaufmann Matthäus Heuperger zu den ersten Verwaltern der Institution.[6] Die Tatsache, dass diese elitäre Gemeinschaft gerade mit dem Eintritt der Tischlerzunft eine soziale „Ausdehnung nach unten“ in Kauf nahm, überrascht zunächst. Die Rechnungsbücher der Bruderschaft zeigen jedoch deutlich, dass in Folge vor allem Handwerkerfamilien der Fronleichnamsbruderschaft beitraten und ihr zahlreiche Sachspenden für den Spielfundus übergaben. Die Bruderschaft reagierte mit dieser gesellschaftlichen Legitimation der Handwerkerschicht auf die seit 1396 in der Wiener Verfassung verankerte Machtverteilung zwischen den Erbbürgern, den Kaufleuten und der Handwerkerschicht.[7] Die im drittelparitätischen „Ratswahlprivileg“ konstituierte Ratsfähigkeit der Handwerker bestätigte ihre wachsende gesellschaftliche Bedeutung innerhalb des städtischen Gefüges wie auch ihre politische Verantwortung, die die Vertreter der Handwerkerfamilien bereits seit 1376 als Bürgermeister übernommen hatten.[8] Allerdings blieb die zahlenmäßige Präsenz der Handwerkerschicht in den Ratsgremien, obwohl sie unter den Genannten des äußeren Rates mehr als die Hälfte betrug, insgesamt nur gering. Ihre unzureichenden Vermögensverhältnisse ließen eine breite politische Partizipation nicht zu.

[6] Vgl. Neumann 1987, 707-709, Exzerpt 2844.

[7] Vgl. Czeike 1980, 10, Anm. 35-39.

[8] Vgl. Czeike 1980, 12.