Schriftliche Zeugnisse über den „Mönch“
Wer verbirgt sich nun hinter der Bezeichnung „Mönch“? Dazu können wir uns nur auf spärliche biographische Hinweise in drei Handschriften stützen.
A, fol. 1r:
„Ein Register mit dewtschen Sequenczen von unnser lieben vrawen. Auch sequenczen von etleichen heyligen und auch ympnus. Auch Geistliche und werltliche lied. So ein wol gelerter herr her Herman ein Münich Benedictiner Orden czw Salczburgk zw den selben czeiten mit sampt ainem laypriester herrn Martein gemacht haben vnd zw dewtsch bracht durch begrüessen und an begeren des hochwirdigen ffürsten vnd heren Pylgreim Erczbischof legat ze Rom ze Salczpurk Erczbyschof vnd es hat yeder puechstab seins namens ainen vers, Darjnn man manige figur aus der Bybel gesammet vnnser lieben vrawen zugeleicht sein vnd ist dy erst gewesen. Drvmb jn der bemelt herr ze den selben czeiten ein Ritter pfruent geben hat.“
E, fol. 107r:
„Dy sequenczen hat ein gelertter herr her Johanns ain Munich gemacht durch begeren vnd bete des Hochwirdihen herren herren Pylgreÿm Erczbyschof vnd legat. Vnd hat ÿeder puechstab seins nams ainen vers mit vil hübschen figuren vnnser lieben frawen der mueter Marie czu geleichet etc.“
C, fol. 1r:
„Dye obgeschriben mayster stuck hat gemacht maister Johanns prediger ordens. der ist gewesen pey pischof pilgram zu Salczpurg.“
fol. 253r: „Mayster hanns predigers ordens. der gewesen ist pey dem Erzpyschoff zu Salczpurg genant pischof pylgram. hat gemacht vnd geticht das nachgeschiben köstlich pet von vnser frauen. Er hat auch geticht die obgeschriben pet von vnser frawen.“
Der Eintrag von C wird als nicht verlässlich angesehen. „Der Eintrag im Register stammt ebenso wie die Überschrift auf fol. 253r von der Hand des Tegernseer Bibliothekars Ambros Schwerzenbeck († 1508) und erfolgte, wie die Datierung des vorhergehenden Textes beweist, erst nach 1468. Im Register stand bereits „Der ander tail der predig maister / hanns Tauler prediger ordens“ und darunter „Item das püch von den xxiiij gulden / härpfen“, zu dem eine andere Hand hinzugefügt hatte „des maÿster Johanns Nyder prediger ordens“. Dadurch irregeleitet, schrieb Schwerzenbeck nun ebenfalls „maister Johanns prediger ordens“ als dritten gleichnamigen Dominikaner auf einer Seite.“[14]
Welche Auskünfte gewinnen wir nun aus diesen Quellenhinweisen? Einigkeit besteht darin, dass der Mönch in Salzburg im Umkreis des Salzburger Erzbischofs Pilgrim II. von Puchheim (Erzbischof 1365–96) wirkte, in dessen Auftrag er Sequenzen und Hymnen aus dem Lateinischen ins Deutsche übertrug – besonders die Neudichtung Pluom geczartet mit Pilgrims Akrostichon. Nach A erhielt er dafür eine Pfründe. Nach A entstanden die Lieder in Zusammenarbeit mit einem Leutpriester namens Martin.[15]
[14] Heger 1968, 29.
[15] Ein Leutpriester (Plebanus) war für die Seelsorge der Laien zuständig und hatte pfarrliche Rechte. Daher wird der Ausdruck oft synonym für „Pfarrer“ gebraucht
[1] Editionen: Spechtler 1972 bietet eine vollständige Textausgabe der geistlichen Lieder des Mönchs von Salzburg und führt die Zählung für die geistlichen Lieder des Mönchs ein: G + Nummer des Liedes; März 1999 ediert Texte und Melodien mit Kommentaren der weltlichen Lieder und führt dafür die Zählung W + Nummer ein; Waechter 2004 bringt alle Melodien des Mönchs mit Kommentar.
[2] Vgl. Spechtler 1972, 92.
[3] G 22. Die Zuschreibung ist nicht gesichert: vgl. » B. Geistliches Lied, Anm. 51.
[4] Vgl. Spechtler 1972, 69; Wachinger 1987, 662.
[5] Vgl. Zimmermann 1995, 314–316.
[6] Vgl. Wachinger 1987, 659.
[7] Beschreibung aller Handschriften bei Spechtler 1972, 34–99, und Waechter 2005, 203. In Klammer stehen im Folgenden die in der germanistischen Fachliteratur gebräuchlichen Siglen.
[8] Faksimileausgabe von Heger 1968.
[9] Bei diesem Lied bricht die Notierung nach eineinhalb Zeilen ab. Das Lied ist hingegen vollständig erhalten in der Kolmarer Liederhandschrift (D-Mbs Cgm 4997): vgl. Lütolf 2003-2010, Nr. 151. (Hinweis von Andrea Horz.)
[10] Man kann dieses Stück auch als Leich bezeichnen. Die formale Anlage aa, bb, cc, … ist die gleiche.
[11] Vgl. Spechtler 1972, 125-128; Waechter 2004, 35-39 und 211-214.
[12] Vgl. Wachinger 1989, 77–79.
[13] Vgl. Wachinger 1987, 660.
[14] Heger 1968, 29.
[15] Ein Leutpriester (Plebanus) war für die Seelsorge der Laien zuständig und hatte pfarrliche Rechte. Daher wird der Ausdruck oft synonym für „Pfarrer“ gebraucht.
[16] Zur Bedeutung Pilgrims für die Entwicklung der Musik in Salzburg siehe: Welker 2005, 76–87.
[17] Das Lied wird aufgrund seiner Überschrift mit Schloss Freisaal in Salzburg in Zusammenhang gebracht. Die Personenangabe könnte aber auch eine dichterische Fiktion sein. Vgl. hierzu Engels 2012.
[18] Dass dabei auch mehrstimmige Musik erklang, wurde oft vermutet, lässt sich aber nicht nachweisen.
[20] Vgl. Spechtler 1972, 15–16.
[21] Vgl. Spechtler 1972, 16–17.
[22] G 5 und G 9. Zu den Personen siehe Spechtler 1972, 17–18.
[23] D-Mbs Cgm 715.
[24] Unter „Predigerorden“ werden die Dominikaner verstanden.
[26] Heger 1968, 27. Dies trifft nicht zu. Ein Vergleich des Cisiojanus G 45 mit dem Kalender im Breviarium Salisburgense (Nürnberg: Stuchs 1497) zeigt, dass alle Heiligen auch dort aufgelistet sind, mit folgenden Ausnahmen: „Magdalen becheret“, d. i. Maria von Ägypten 1.4., Bernhard 20.8., Felix von Zürich 11.9., und das Gedenken an Ester im Advent.
[28] Pokorny 2012, 105.
[29] Klein 2012, 59.
[30] Spechtler 1972, 13.
[31] Vgl. Wachinger 1989, 159.
[32] Zu den einzelnen Gattungen siehe Waechter 2005, 53–58; zu den Tönen des Mönchs Wachinger 1989, 159–197.
[33] Vgl. Waechter 2004, 75, 239; Waechter 2005, 6–8, 211, 263–264. Vgl. Kap. Ton und Kontrafaktur: der Barantton.
[34] Spechtler 1972, 167. Unter „par“ (= Bar) versteht der Schreiber hier eine ganze Strophe.
[35] Vgl. Spechtler 1972, 6, Anm. 9.
[36] Eine ausdrückliche Zuweisung an den Mönch ist in den Handschriften nicht vorhanden. Der Autorenname in D ist nachgetragen. Aufgrund der unterschiedlichen Textüberlieferung zweifelt Wachinger die Autorenschaft des Mönchs an (Wachinger 1989, 36).