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Peter Suchenwirt und Michel Beheim

Michael R. Ott

Der erste Beleg für die Verwendung des Wortes „Herold“ im deutschsprachigen Raum stammt von dem Österreicher Peter Suchenwirt (ca. 1320-1395),[27] den man in der älteren Forschung häufig zum Herold – mithin sogar zum ersten Herold – erklärt hat, obwohl es dafür keine Belege gibt.[28] Wolfgang Achnitz etwa stellt fest, dass zwar die „Rechnungsbücher Herzog Albrechts III. […] für die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts […] die Beschäftigung und Bezahlung zweier Herolde am Wiener Hof“ verzeichnen, „doch ist Suchenwirt dort gerade nicht aufgeführt“.[29] Suchenwirt, so fasst Achnitz zusammen, „war kein dichtender Herold, sondern er war ein Berufsdichter, der es auch verstand, literarische Wappenbeschreibungen anzufertigen. Im Umfeld der neugegründeten Universität ist er am Wiener Hof als Verfasser weltlicher, allegorischer und geistlicher Gedichte in Paar- und Kreuzreimen im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit tätig, als Reimsprecher und Publizist, als Laienprediger und Propagandist, vielleicht auch als Schreiber und Rezitator.“[30]

Mit dem Interesse an Wappen ist Suchenwirt in seiner Zeit sowieso alles andere als allein. „Viele Dichter des 14. und 15. Jahrhunderts“, so Karina Kellermann, „haben eine Vorliebe für Heraldisches“, das macht diese Autoren jedoch nicht automatisch zu Herolden; und auch die Vorstellung, dass es eine klar abgrenzbare Textgattung der „Heroldsdichtung“ gebe, wird in der jüngeren Forschung – auch von  Kellermann – kritisch gesehen.[31]

In der Zeit nach Suchenwirt wird jemand wie der Dichter und Sänger Michel Beheim (geboren 1416 oder 1421, gestorben zwischen 1472-1479) durch verschiedene Attribute in die Nähe eines Herolds rücken, ohne doch deshalb ein Herold zu sein. Als „patronisierter Fahrender“ ist Beheim „im Auftrag eines Herren unterwegs“ und wurde „oft durch dessen Wappen auf seiner Kleidung als Repräsentant kenntlich gemacht“.[32] Beheim bewegt sich in Herrschernähe, erhält auch ein „emaillierte[s] Wappenschild […] – genauso wie es bei Herolden üblich war“ und er nutzt in manchen Liedern Wappenallegorie und -blasonierung.[33] Michel Beheim könnte insofern ein gutes Beispiel sein für eine gewisse Nähe zwischen an sich getrennten Aufgabenbereichen im Spannungsfeld von Sprecher/Sänger,[34] unterschiedlichen Kategorien von Musikern und – schließlich – den Herolden.

[27]  Suchenwirt 1827IV, V. 139: „Eralden und gernde leut“. Vgl. auch die hier in » B. Spruchsang in den österreichischen Ländern (Horst Brunner), Anm. 15, zitierten Ausgaben.

[28] Achnitz 2008

[29] Achnitz 2008, 497.

[30] Achnitz 2008, 497-498.

[31] Kellermann 2000, 94.

[32] Niemeyer 2001, 39.

[33] Niemeyer 2001, 51.

[34] Zu Gesang und Liedvortrag bei Beheim vgl. Spriewald 1990. Außerdem: Wachinger 1979, 37-75.