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Kirche und Universität

Reinhard Strohm

Zugleich mit seiner Gründung des herzoglichen Universitätskollegs (Collegium ducale) verlieh Herzog Albrecht III. im Jahre 1384 der jungen Universität einen wichtigen Zugang zu den Präbenden der Stephanskirche, indem er acht der zwölf Professoren des Collegiums Anwartschaften auf dortige Kanonikate versprach. Schon Rudolf IV. hatte auch die Personalunion des Universitätskanzlers mit dem Stiftpropst bestimmt.[37] Gottesdienste der Universität in Wiener Kirchen und die Teilnahme von Universitätsmitgliedern an Prozessionen wurden ebenfalls festgelegt, wie bereits in der rudolfinischen Stiftung (vgl. Kap. Herzog Rudolfs Vorschriften für die Gottesdienste an St. Stephan). Den Statuten entsprechend nahm die gesamte Korporation an den Festen des hl. Gregorius (12. März)[38] und des hl. Benedikt (21. März) im Schottenkloster teil, seit 1472 auch am Fest des hl. Augustinus (28. August) in der Augustinerkirche. Patron der Universität war der hl. Georg, an dessen Festtag (23. April) Dekanatswahlen und Promotionsrituale stattfanden.[39] Seit 1385 führte die Universität an den Marienfesten feierliche Prozessionen aus, die zu bestimmten Kirchen und Klöstern führten: Lichtmesse am 2. Februar (St. Stephan), Mariae Verkündigung am 25. März (Dominikaner), Mariae Himmelfahrt am 15. August (Karmeliter), Mariae Geburt am 8. September (Schotten), Mariae Empfängnis am 8. Dezember (Maria am Gestade) und seit 1389 auch Mariae Heimsuchung am 2. Juli (Dominikaner).[40] Die einzelnen Fakultäten zelebrierten Jahresfeste zu Ehren ihrer besonderen Schutzheiligen. Die Theologen feierten den Apostel Johannes (27. Dezember) in der Dominikanerkirche; die Artisten die hl. Katharina von Alexandrien (25. November) an St. Stephan; die Juristen hatten seit 1429 ihr Jahresfest für St. Ivo in ihrer Fakultätskapelle, die Mediziner ihr Fest für St. Cosmas und Damian (27. September) an St. Stephan.[41] Zum Medizinerfest wurde eine Prozession mit den Reliquien der Heiligen veranstaltet; an der Messfeier waren 1436, 1465 und in vielen späteren Jahren Kantor und Organist sowie „Leviten“ (Chorschüler) von St. Stephan beteiligt.[42] „Cantores“ wirkten auch spätestens seit 1412 beim Katharinenfest der Artisten mit. Selbstverständlich wurden akademische Gottesdienste auch zu anderen Anlässen gehalten und mit Gesang ausgestattet, so vor allem zu den Patronatsfesten der verschiedenen „Nationen“.[43]

[37] Grass 1967, 482–487.

[38] Am 12. März 1421 wurden auf Befehl von Herzog Albrecht V. über 200 Wiener Juden in Erdberg verbrannt, wie u. a. der Theologieprofessor Thomas Ebendorfer berichtete (Lhotsky 1967, 370 f.).

[39] Zapke 2015, 87 f.

[40] Gall 1970, 85–86; Flotzinger 2014, 44–47,54 f.

[41] Gall 1970, 34, 86 f.; Zapke 2015, 88 f.

[42] Pietzsch 1971, 27 f.

[43] Mantuani 1907, 283 und Anm. 1; Enne 2015, 379 f.