Pritschmeister als städtisch-bürgerliche Nachfolger der Herolde
Im Laufe des 16. Jahrhunderts verlieren die Herolde mehr und mehr an Bedeutung. Das hat zu tun mit Veränderungen der Kampftechnik und der Rüstungen sowie mit der Abnahme der veranstalteten Turniere.[44] Schon während des 15. Jahrhunderts etabliert sich indes eine zeremoniell-festliche Funktion und Tätigkeit, die gewisse Ähnlichkeiten mit dem Amt und den Aufgaben des Herolds hat, allerdings dezidiert der städtischen Sphäre angehört und gerade nicht der höfischen. Gemeint sind die Pritschmeister, die städtische Festschießen moderieren und diese Veranstaltungen im Anschluss mitunter schriftlich festhalten, um an das festliche Ereignis zu erinnern. Auch dafür braucht man eine gute, hörbare, durchdringende Stimme, aber kein besonders elaboriertes Instrument. Die Pritschmeister haben ihren Namen von einem „35-45 cm langen, bis auf den handbreiten gerundeten Griff in schmale, dünne Blätter gespaltenen, oft bunt bemalten Klappeninstrument aus Holz oder Leder, […] das als Schlagwerkzeug den Trägern inmitten des Festtrubels Gehör verschaffen soll“.[45] So wie die Herolde von Signalinstrumenten begleitet werden können, brauchen auch die Pritschmeister neben ihrer Stimme vor allem ein Instrument, das Aufmerksamkeit schafft.
[44] Stichworte zu den Veränderungen bei Scheibelreiter: „Herold“, Sp. 968-970. [www.HRGdigital.de/HRG.herold].
[45] Bebermeyer, Gustav. Art. „Pritschmeister“., in: Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte, Bd. 3 (1977): 257-262, 257b.
[2] Bock 2015, 22.
[3 Peters 1976, 233.
[5 Scheibelreiter,ca. 2010, Sp. 968-970.
[8] Vgl. von Moos 2006, 158-159, zur Einkleidung des Herolds und zum Namenswechsel: „In der immer komplexer werdenden Entwicklung der Heraldik, deren Grundfigur doch stets die Verortung eines Individuums in einer Gruppe und der Gruppe in der Gesamtgesellschaft darstellt, bedeutet diese ‚Investitur‘ eine symbolische Personifizierung, gewissermaßen die spiegelbildliche Identitätsrepräsentation des Herrn durch seinen Herold.“ Vgl. außerdem Bock 2010: Dort finden sich weitere Überlegungen zum „Verständnis des Herolds als ‚Medium‘“ (S. 265) sowie Hinweise auf entsprechende Forschung.
[9] Richental 2013, 12, Z. 7-8.
[10] „Item recht herolten von allen künigrichen, die der küng wapen truogend und ir bottschaft wurben und iro herren er und wirdikait uß sprachen […]“ (offizielle Herolde aller Königreiche, die die Wappen der Könige trugen, ihre Botschaften ausrichteten und die Ehre und Würde ihrer Herren verkündeten): Richental 2013, 169, Z. 21-22.
[11] Richental 2013, 47, Z. 24-29.
[12] Schuler 1966, 163. Neuere Forschung bei Morent-Leopold-Steinheuer 2017.
[13] Richental 2013, 206, Z. 20-21. Manfred Schuler weist darauf hin, dass bei der Zahl von 1700 „allerdings die Familienangehörigen und das Hausgesinde mit inbegriffen“ seien (Schuler 1966, 163).
[15] „Die Quellentexte“, so Manfred Schuler in seinem einschlägigen Aufsatz (Schuler 1966), „belegen […] die Posaunisten und Trompeter meist unterschiedslos mit der Bezeichnung Posauner (prusuner), während die Spieler der Holzblasinstrumente allgemein Pfeifer (pfifer; fistulatores) genannt werden. Analog dazu dient das Wort ‚tuba‘ als Sammelbegriff für die Holzblasinstrumente“. (Schuler 1966, 163). Abbildungen, Beschreibungen und Hörbeispeile zu den Instrumenten: » H. Instrumentenmuseum. Zu Tätigkeit und Lebensbedingungen der Instrumentalisten vgl. » E. Musiker in der Stadt.
[17] Schuler 1966, 168. Vgl. auch » E. Die Klang-Aura der Stadt. Kap. Stadt- und Hoftrompeter, Anm. 29. „König Sigismund erteilte auf dem Konzil von Konstanz (1414–1418) Trompeterprivilegien an die Freien Reichsstädte Konstanz, Augsburg, Nürnberg und Ulm“ (Żak 1979, 149–155).
[18] Zum Autor vgl. Liebhart [https://www.wissner.com/stadtlexikon-augsburg/artikel/stadtlexikon/sende….
[22] Zur Rolle der Herolde bei Einzügen, Herrschertreffen und Krönungen siehe auch Bock 2015, 280-287.
[24] Zum Holzschnittzyklus siehe Cuneo 1998.
[26] Ab und an wird in der Forschung eine „Heroldstrompete“ erwähnt, z.B. mit Abbildung: Bowles 1977, 78-79. Wenn ich recht sehe, handelt es sich nicht um die Trompete eines Herolds, sondern um eine mit einem Wappentuch versehene Trompete, die dann – wie die anderen Trompeten eben auch – von einem Trompeter gespielt wurde. Zu sehen sind diese Trompeten in » Abb. Trompeter gegenüber Armbrustschützen.
[27] Suchenwirt 1827, “Eralden und gernde leut”. Vgl. auch die hier in » B. Spruchsang in den österreichischen Ländern (Horst Brunner), Anm. 15, zitierten Ausgaben.
[29] Achnitz 2008, 497.
[30] Achnitz 2008, 497-498.
[31] Kellermann 2000, 94.
[32] Niemeyer 2001, 39.
[33] Niemeyer 2001, 51.
[34] Zu Gesang und Liedvortrag bei Beheim vgl. Spriewald 1990. Außerdem: Wachinger 1979, 37-75.
[35] Scheibelreiter, „Herold“, Sp. 968-970 [www.HRGdigital.de/HRG.herold].
[36] Ich danke Reinhard Strohm für den Hinweis auf diesen Holzschnitt.
[37] Graf, Klaus. „Parzival als Nebenform für Persevant“ (https://archivalia.hypotheses.org/1668).
[38] Beispiele vor allem bei Pietzsch 1966 und Pietzsch, Musik in Reichsstadt (1966/1967), 73-99.
[39] Kellermann, Karina, und Albert Gier: „Heroldsdichtung“, in: Lexikon des Mittelalters Bd. 4, Sp. 2173-2174.
[41] Bock 2015, 321.
[42] » B. Spruchsang in den österreichischen Ländern (Horst Brunner). Kap. Michel Beheim.
[43] » B. Spruchsang in den österreichischen Ländern (Horst Brunner). Kap. Reimreden und Spruchtöne in Österreich im 14. und 15. Jahrhundert.
[44] Stichworte zu den Veränderungen bei Scheibelreiter: „Herold“, Sp. 968-970. [www.HRGdigital.de/HRG.herold].
[45] Bebermeyer, Gustav. Art. „Pritschmeister“, in: Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte, Bd. 3 (1977): 257-262, 257b.
Empfohlene Zitierweise: Ott, Michael R., “Herolde und ihre Geräuschkulisse (1414-1530), in: Musikleben des Spätmittelalters in der Region Österreich, <Herolde und ihre Geräuschkulisse (1414-1530) | Musikleben des Spätmittelalters in der Region Österreich> (2024).