Krieg und Lied in der Region Österreich: Überblick
Die Präsenz der Habsburger ist aufgrund der dauernden militärischen Auseinandersetzungen der Habsburger mit ihren Nachbarn in den historisch-politischen Kriegsliedern auffallend dominant. Zu den wichtigsten Feldzügen des 15. und frühen 16. Jahrhunderts, an denen österreichische Akteure beteiligt waren, zählen der Alte Zürichkrieg (1440–1446), der Burgundische Erbfolgekrieg (1477–1482), der Schwabenkrieg (1499), der Landshuter Erbfolgekrieg (1503–1505), die Italienischen Kriege (1494–1559) sowie die zahlreichen Belagerungen Wiens. Die genannten Kriege fungierten als wesentliche Impulse für die Liedproduktion, sowohl von pro- als auch von anti-österreichischen Liedern. Die Bedeutung Österreichs als militärischer Akteur war stark ausgeprägt, selbst wenn es nicht zu den Hauptbeteiligten einer bestimmten Schlacht zählte. In einem von einem Luzerner verfassten Lied über die Schlacht bei Grandson im Jahr 1476, in der vornehmlich zwischen Burgund und der Eidgenossenschaft gekämpft wurde, wird in den ersten Versen die Abwesenheit Österreichs beklagt: „O Oesterrich du slafst gar lang / daß dich nit weckt der vogelsang.“[14]
Aufgrund des umfangreichen und vielfältigen Einflusses der österreichischen Kriegsbeteiligung auf die Produktion von Liedern kann an dieser Stelle keine vollständige Aufzählung aller Lieder mit österreichischem Bezug erfolgen, weshalb hier die kleinere Anzahl an Liedern, die nachweisbar in österreichischen Ländern komponiert und rezipiert wurden, ins Auge gefasst werden soll. Es kann diesbezüglich nicht von einer eigenständigen musikalischen Tradition gesprochen werden. Für die historisch-politischen Lieder allgemein lässt sich eine kontinuierliche geographische Entwicklung nachweisen, besonders seitdem der Druck als Überlieferungsmedium Verbreitung fand. Melodien, die immer wieder für Kontrafakturen verwendet wurden, waren offenbar international bekannt.[15] Druckereien veröffentlichten regelmäßig Lieder über Ereignisse, die Hunderte von Kilometern entfernt stattfanden. Es ist auch anzunehmen, dass außerhalb von Österreich gedruckte Lieder in österreichischen Ländern im Umlauf waren.[16] Stattdessen eröffnet der österreichischen Korpus einen exemplarischen Mikrokosmos der vielfältigen Literaturformen, Verbreitungswege und sozialen Funktionen, die den Kriegskorpus kennzeichnen und in vielfältiger Weise miteinander interagieren und sich überschneiden.
[14] Liliencron 1866, Bd. 2, Nr. 138. Dieser Liedtext wurde wahrscheinlich auf den hier unten behandelten Wissbeck-Ton gedichtet: vgl. » F. SL Die Missa O Österreich.
[15] Suppan 1995, 157.
[16] Zu den Begriffen „autrichité“ und „Habsburgisches Spätmittelalter“ vgl. Müller, 1986, Bd. 1, 427 f.; Spechtler 1986, Bd. 1, 470.
[1] Schanze 1999b, 305–306; Brednich 1975, Bd. 2, 59–61.
[3] Vgl. Kellermann 2000, 35; Honemann 1997, 399–401.
[4] Z.B. Erk/Böhme 1893/1894, Bd. 1, vii; Janicke 1871, 3; Suppan 1966, 38.
[5] Sauermann 1975, 301; Hampe 1919, 52.
[6] Müller 1974, 26 f.; Sauermann 1975, 301 f.
[7] Kellermann 2000, 13, 86 f.; Kerth 1997, 9.
[8] Kerth 1997, 9.
[9] Kellermann 2000; Kerth 1997; Seibert 1978; Wenzel 2018.
[10] Vgl. Eickmeyer 2017, 29; Honemann 1997, 418 f.; Brednich 1974, Bd. 1, 154; Straßner 1970, 242; Kellermann 2000, 311.
[11] Vgl. Kellermann 2000, 92–98, 155 f., 277; Wenzel 2018, 247–262.
[12] Zum „Agitationszweck“ vgl. Völker 1981, 23; Vgl. auch Hampe 1928, 251–278; von Liebenau 1873, 346 f.
[13] Vgl. Hermann 2006, 65; Rogg 2002, 274–276.
[14] Liliencron 1866, Bd. 2, Nr. 138. Dieser Liedtext wurde wahrscheinlich auf den hier unten behandelten Wissbeck-Ton gedichtet: vgl. » F. SL Die Missa O Österreich.
[15] Suppan 1995, 157.
[16] Zu den Begriffen „autrichité“ und „Habsburgisches Spätmittelalter“ vgl. Müller, 1986, Bd. 1, 427 f.; Spechtler 1986, Bd. 1, 470.
[17] Zu Beheim siehe » B. Spruchsang.
[18] Gille/Spriewald 1968–1972, Bd. 1, Nr. 105, Nr. 106, Nr. 112, Bd. 2 Nr. 238 f.
[20] GB-Lbl Add. 16592, fol. 22r–23v; Schmidt 1970, 520; Seemüller 1897, 170; Seemüller 1897, 587.
[21] Seemüller 1897, 587 f.
[22] Seemüller identifiziert zwei Hände aus dem 16. Jahrhundert für die ersten sechs Nummern, einschließlich des Abschnitts über Friedrich III. Seemüller 1897, 589.
[23] Schneider 1991, 85–95; Neugart 1989, 451 f.; Müller 1986, 439.