Königswahl und Freudenfeuer
Die Wiener Stadtrechnungen (Oberkammeramtsrechnungen, OKAR) von 1438 berichten von „Freudenfeuern und herrlichen Prozessionen“ zur Königswahl Albrechts V.:
“Ausgeben auf die loblichen frewd, so die herren hie gehabt habent mit frewdenfewrn und herlichen processen in der stat von der erwelung wegen unsers genedigisten herren des Künigs zu dem römischen reich und auch seiner krönung ze pehaim.” (Böhmen).[11]
Herzog Albrecht V. war nach dem Tod seines Schwiegervaters, Kaiser Sigismunds von Luxemburg, am 1. Januar 1438 zum König von Ungarn gekrönt worden. Hierzu verzeichnet die Stadtrechnung ein “pantayding” (politische Zusammenkunft) mit Bankett zur Krönung und Tanz im >Praghaus<, das 35 tl. 4 s. 11 d. kostete (1438, fol. 26v); andere Quellen berichten von Prozession, Glockengeläut und Freudenfeuer.[12] Am 18. März 1438 wurde Herzog Albrecht V. in Frankfurt am Main von den deutschen Kurfürsten zum römischen König Albrecht II. gewählt, was man in Wien eine Woche später feierte, als die Nachricht dort angekommen war. Am 29. Juni 1438 ließ sich Albrecht im Prager Veitsdom auch zum König von Böhmen krönen. (Das Datum ist in der Stadtrechnung auf den Sonntag nach dem Tag des hl. Veit vorverlegt.)
Im Einzelnen sind für die Feiern folgende Ausgaben verzeichnet (1438, fol. 61v–62r):
Freitag nach St. Georgstag (26. April) 1438, anlässlich der Wahl zum römischen König:
- für ein Amt vom hl. Geist in St. Stephan [Orgelspiel]
- den Trompetern beim Umritt der Ratsherren in der Stadt
- Fuhrlöhne
- Planken und Pech für das Freudenfeuer
Sonntag nach St. Veitstag (16. Juni), anlässlich der Krönung zum König von Böhmen:
- Umritt der herzoglichen Trompeter
- den Stadttrompetern
- Steffan dem Lautenschlager
- (Materialien für Freudenfeuer)
- dem Organisten von St. Stephan für das Te Deum
- den Herren (Adel und Klerus) beim Bürgermeister um Wein und Konfekt
- für Glockenläuten zum Sieg des Herzogs von Sachsen über seine Feinde
- dem Organisten zur Messe und Te deum
- für Glockenläuten zur Prozession und den Knechten für das Tragen der Fahnen.
(Gesamtkosten 22 tl. 56 d.)[13]
Der mit Glockenläuten gefeierte Sieg des Herzogs von Sachsen über eine Gruppe aufständischer Hussiten ereignete sich am 23. September 1438 am Lilienstein bei Sellnitz (Sachsen). Weil der Stadtschreiber vielleicht nicht wusste, wann genau das geschehen war, trug er die Ausgabe für das Glockenläuten in Wien, und die folgende Ausgabe für den Organisten, bei der Krönung König Albrechts mit ein.
Feiern zur Königswahl Albrechts II. gab es auch in anderen Städten, z. B. in Hall i.T., wo Herzog Albrecht selbst sich zwei Tage lang mit Tanzvergnügungen feiern ließ.[14]
[12] Opll 1995, 132; Zapke 2015, 88.
[13] Währung: 1 Pfund (tl.) = 8 große („lange“) Schillinge (s.) = 240 Pfennige (d., denarii).
[3] Ludwig Senfl, Das Geläut zu Speyer, erstveröffentlicht in: Hundertainunzwanzig newe lieder, hrsg. von Johannes Ott, Nürnberg: Formschneider, 1534. Der Text der Komposition bietet in spielerischer Dialogform eine Erklärung des eigentlichen Vorgangs des Glockenläutens und seines Anlasses, des Kirchweihfests. Senfls Musik imitiert konkret die Tonhöhen der Glocken des Speyrer Doms und lotet alle möglichen Kombinationen an Zusammenklängen aus (Hinweis von Birgit Lodes). Vgl. Tröster 2019, 186f. und 316–323.
[4] Vgl. jedoch Fink-Gstrein-Mössmer 1991.
[5] Überblick mit ausgewählten Dokumenten bei Schusser 1986, 134–147 (Klaus Lohrmann).
[7] Wiener Stadt- und Landesarchiv (A-Wsa), 1.1.1. B 1/ Oberkammeramtsrechnung 1. Reihe, 1- (1424-) hier abgekürzt OKAR 1 (1424), usw. Belege aus den Oberkammeramtsrechnungen (Stadtrechnungen) Wiens werden hier im Haupttext ohne Fußnote als “1444, fol. 37r” usw. zitiert.
[8] Währung: 1 Pfund (tl.) = 8 große („lange“) Schillinge (s.) = 240 Pfennige (d., denarii).
[9] Der Sonntag Reminiscere (“Erinnere dich”) diente in vielen Städten – neben Wien u.a. Hall i.T., Salzburg, Wels – als Jahresbeginn der öffentlichen Verwaltung; er war Stichtag für den Beginn von Ratsperioden sowie für Anstellungen an Schule und Kirche.
[10] Archiv der Stadt Salzburg (A-Ss BU 263), Kammeramtsrechnung 1486-1488, fol. 25r und 27r. “fl.” = (Rheinischer) Gulden, dessen Wert um 10s. lag.
[13] Währung: 1 Pfund (tl.) = 8 große („lange“) Schillinge (s.) = 240 Pfennige (d., denarii).
[15] Sommerfeldt 1905, 324; Schusser 1986, Nr. 52, S. 76 (Meta Niederkorn-Bruck).
[16] Weitere Festlichkeiten mit Glockenklang sind zusammengestellt bei Czernin 2011, 106-108.
[17] » D. SL Music for a Royal Entry (Helen Coffey). Die Praxis der joyeuses entrées niederländischer Städte jener Epoche (vgl. Strohm 1985, 79-85; Prevenier/Blockmans 1986; Saucier 2008) war in Österreich natürlich bekannt.
[18] Senn 1938, 109f. Eine “Kaiserin” gab es damals nicht. Mit “Königin” war wohl Maria von Ungarn gemeint.
[19] Senn 1938, 110.
[20] Piccolomini 2009, Buch VI, 741. Vgl. auch Schusser 1986, 127 (Anneliese Stoklaska).
[21] Csendes/Opll 2001, 156.
[22] Die Maler der Paniere sind namentlich genannt: Meister Erhart und (Jakob) Kaschauer.
[23] Die Geschenke für ihre Herren sind hier übergangen. Viele Einträge beziehen sich auf jeweils eine Mehrzahl von Empfängern. Ein Auszug aus der Liste auch bei Schusser 1986, Nr. 125, S. 143 (Abb.) und 144 (Klaus Lohrmann).
[24] Es handelt sich um Musiker von Georg Podiebrad, dem Landesverweser und späteren König von Böhmen, vgl. weiter unten “hern Gircziken von Bodebrad narrn”. Bei Schusser 1986 bleibt “Gircziken” unidentifiziert.
[25] Vgl. » B. “Volkslieder”, Kap. Definitionen (Sonja Tröster).
[26] Ich danke Marc Lewon für eine Kopie dieses Dokuments. Vgl. Lewon 2014, 330 (Faksimile) und 338f. (Transkription, Übersetzung und Kommentar).
[27] Lewon 2014, 339, mit auch hier berücksichtigten Hinweisen von Dr. Elisabeth Klecker. Bistricia ist entweder Slovenska Bistrica (Windisch-Feistritz), dessen Burg 1456 dem Grafen von Cili gehörte, oder eine Grafschaft im südöstlichen Ungarn (heute im Norden Rumäniens). Die Anwesenheit des Bischofs von Grosswardein bei den Wiener Festlichkeiten von 1452 ist in den Stadtrechnungen belegt. “Zophia”: eine von Klecker vermutete Anspielung auf die Einnahme Konstantinopels und der Hagia Sophia (erst 1453) kommt mir unwahrscheinlich vor.
[28] Zu Egkenvelder » B. Kap. Eine studentische Liedersammlung (Marc Lewon); Lewon 2014.
[29] Liliencron 1865–1869 Bd. I, Nr. 99, 452–460, nach D-Mbs Cgm 1113, fol. 131. Vgl. Schusser 1986, 126–129 (Anneliese Stoklaska und Ingomar Rainer).
[30] Exemplar in der Staatsbibliothek zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz (Ye 2206): http://digital.staatsbibliothek-berlin.de/werkansicht/?PPN=PPN759625425. Vgl. » B. Kap. Liedtexte mit Verweis auf Orte (Sonja Tröster).
[31] Vgl. die Melodie bei Wenzel 2018, 211; Text bei Liliencron 1865–1869, Bd. III, Nr. 383; Mantuani 1907, 347–348 (Melodie, unterlegt mit dem Text “Ach durch got vernemt die klag”, was inhaltlich ebenfalls möglich, prosodisch jedoch viel weniger passend wäre). Der von Liliencron als Aufenthaltsort Wißbecks vorgeschlagene “Wiener Hof, 1457” wäre die Hofhaltung Herzog Albrechts VI. Ingomar Rainer (Schusser 1986, 129) glaubt Wißbeck auch den Text des Lassla-Liedes zuschreiben zu können, was bezweifelbar ist.
[32] So bezeugt von Stephan von Landskron (1465): » B. Kap. Betrachtung und Gebet.
[33] Zu Peter Spörl vgl. Welker 2005, 79.
[34] Über die Frage des Zusammenhangs zwischen Studium und Liederbuch vgl. Kirnbauer 2001. Das sogenannte “Rostocker Liederbuch” (»D-ROu Mss. phil. 100/2) aus dem 3. Viertel des 15. Jahrhunderts, mit 60 meist weltlichen Liedern, wird von der Forschung einhellig als Universitätshandschrift angesehen.
[36] “Ceterum studentes ipsi voluptati operam prebent, vini cibique avidi. pauci emergunt docti neque sub censura tenentur, die noctuque vagantur magnasque civibus molestias inferunt. ad hec mulierum procacitas mentes eorum alienat.” Wolkan 1909, Bd. 61, Nr. 27, 82. Statt Wolkans Datierung dieses Briefes, ca. 1438, schlägt Alphons Lhotsky wohl richtiger ca. 1450/1451 vor; vgl. Lhotsky 1965, 136f. Vgl. auch » E. Musik in der Universität.
[37] Detaillierte Auskünfte über die Liedpflege an der Universität Prag, mit Anmerkungen auch zu Wien und Heidelberg, bietet Ciglbauer 2017, 71–84.
[38] Müller 1885, 23. Die Egerer Schule ist nach Müller seit 1289 belegt; sie unterstand der Stadt und zugleich dem Haus des Deutschen Ordens.
[39] Strohm 1993, 489–493.
[40] Der Wortlaut der gerufenen Ankündigung vom 31. Mai 1454 ist überliefert: Copey-Buch 1853, 13–14.
[41] Schusser 1986, 146 (Klaus Lohrmann).
[42] Czeike 1992–1997, Art. Neuer Markt.
[43] Stadtarchiv Hall i.T. (A-HALs), Raitbuch 4, 1462, fol. 148r.
[44] Stadtarchiv Wels, A-WEsa, Akten Sch. Nr. 18 (Kammeramtsrechnungen), 1485 fol. 2r und öfter.
[45] Stadtarchiv Linz, A-LIsa Hs. 856, Kerschbaum, Chronik 1400–1530, Bd. 1, 11–12; Stadtarchiv Linz, A-LIsa Hs. 861, Leopold Sind, Chronologische Beschreibung der Stadt Linz (1790).
[46] Fiala 2013, 35f., nach Rausch 1996, 179f.
[47] Zur Beteiligung der Stadtpfeifern an öffentlichen Spielen vgl. auch » E. Kap. Musiker zwischen Stadt, Kirche und Hofgesellschaft.
[48] Zu Tanzstätten: Schusser 1986, 12 und 146 (Nr. 1 und 131); Czernin 2011, 92–94.
[49] Bowles 1977, 26.
[50] Malecek 1947, 15 fn. 42.
[51] Die “Landshuter Hochzeit” von 1475 wurde durch den dabei entfalteten Prunk berühmt.
[52] Senn 1938, 29–30, 104–117. Einzelne Angaben aus den Haller Stadtrechnungen (A-HALs Raitbuch 1-5) sind hier nur mit Jahreszahl und Foliozahl gekennzeichnet; Raitbuch 1 (Rb. 1) umfasst die Jahre 1411–1423; Rb. 2: 1424–; Rb. 3: 1451–; Rb. 4: 1459–; Rb. 5 1468–. Ich bin dem Stadthistoriker der Stadt Hall i.T., Mag. Dr. Alexander Zanesco, für Archivzugang und fachliche Beratung zu herzlichem Dank verpflichtet.
[54] Währung: 1 lb. (Pfund) = 12 gr. (Groschen); 1 gr. = 5 f. (Fierer); 1 f. = 4 pn. (Perner, Berner, d.h. Veroneser, Pfennige). 1 lb.= 240 pn.
[56] Raitb. 3, 1451, fol. 17v.
[57] Gemeint ist Friedrich V. (geb. 1415), der spätere König Friedrich III. Vgl. auch Senn 1938, 108.
[58] Ich danke dem Stadthistoriker von Hall i.T., Alexander Zanesco, herzlich für Transkriptionshilfe.
[59] Raitb. 4, 1462, fol. 157v.
[63] Vgl. die kirchlichen Zeremonien der Waldaufstiftung seit 1496: » D. The Waldauf Foundation.
[64] Green 2006 (Helen Coffey, Stadtpfeifer and Varende Lewte: Secular Musical Patronage in the Imperial Cities of Germany during the Reign of Maximilian I (1486–1519) , unpubl. D.Phil. Dissertation University of Oxford, 2006). Kap. 3, 85, nach Stadtarchiv Regensburg, Cameralia 19, f. 29r. Statt „wir“ ist vielleicht „jar“ (Jahr) zu lesen.
[65] I-BZac, ABZ 1.3, Hs. 181 (1512), fol. 41r.
[66] I-BZac, ABZ 1.3, Hs. 182 (1513), fol. 86r.