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Ein prominenter Besucher

Reinhard Strohm

Mit Herzog Albrecht von Bayern-München kam 1452 ein berühmter Musiker nach Wien: Conrad Paumann. Der blinde Nürnberger Organist (ca. 1410–1473) war 1450 in den Münchner Hofdienst getreten.[39] Sein Aufenthalt in Wien zog sich über Monate hin, wohl weil er immer wieder gebraucht und geehrt wurde. So heißt es in den Stadtrechnungen (1452):

“item Mittichen nach Georii” (26. April) “Maister Kunraten dem plinten Organisten visch und wein 10s d.” (fol. 82v)
item dem plinten organist 15s d.” (zusammen mit 15s d. für den “cantor” und anderen Ausgaben zu einem Bankett mit Städtevertretern) (fol. 93v)
“item den plinten organisten umb ain stul an gotsleichnams tag zu wagn 3s d. und in tragen 84d.” (fol. 207r)
“item dem plinten organisten in die sancti stephani” (3. August) “7tl. d.” (fol. 83r)
 

Paumann war also mindestens von Ende April bis August in der Stadt. Er wurde wohl kurz nach seiner Ankunft mit Speise und Trank geehrt, erhielt bei einem städtischen Bankett ein Honorar, wohl weil er sich dort musikalisch hören ließ, wurde bei der Fronleichnamsprozession im Juni auf einem Stuhl mitgetragen, und erhielt schließlich (vor seiner Abreise?) ein Gehalt von 7tl., wahrscheinlich für Orgelspiel während mehrerer Anlässe, z.B. in Festmessen des Stadtrats. Dass er außerdem während seines Besuchs Entlohnungen von anderen Dienstherren wie dem Stephanskapitel, der Universität und anwesenden Würdenträgern erhielt, ist wahrscheinlich. Musikalische Implikationen dieses Besuchs könnten u.a. sein, dass er Schüler nach Wien mitbrachte (» Hörbsp. ♫ Vil liber zit. Jo. Götz) oder dort unterrichtete, Orgeln prüfte und Musikstücke oder >fundamenta< (Spiellehren) aufschreiben ließ. Paumann, der in bayrischen Diensten viel reiste und 1470 bis nach Mantua kam, hat vor 1464 auch in Salzburg Orgeln “abgenommen”.

[39] Strohm 1993, 489–493.