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Die Paratexte

David Merlin

Winterburgers Antiphonarius weist unterschiedliche Paratexte auf: die Titelseite, die tabula antiphonarii (Inhaltsverzeichnis) und das Kolophon. Dem lateinischen Text des Kolophons sind mehrere Informationen zu entnehmen, drei sind hier von Bedeutung.[25] Erstens wird das Buch „Antiphonarius“ genannt (im Original mit großgeschriebenen Anfangsbuchstaben), nicht antiphonarium oder antiphonale, welche weit üblichere Benennungen für diese Buchgattung sind.[26] Winterburger hat die seltene männliche Variante der Gattungsbezeichnung verwendet, die als Adjektiv das Substantiv liber (Buch) impliziert (also etwa „Antiphonenbuch“, „Buch mit Antiphonen“). Der vorliegende Text folgt diesem Gebrauch.[27] Zweitens heisst es hier „nuper integerrime castigatus“: seit kurzem vollständig „gezüchtigt“. Dies weist darauf hin, dass eine Korrektur stattgefunden hat (in welchem Ausmaß, gilt noch herauszufinden).

Drittens ist im Kolophon zu lesen: „impensis et opera ingeniosissimi Calcographi Joannis Winterpurger [sic] impressus“. Neben der Schreibweise des Namens des Druckmeisters ist hier seine gräzisierende (Selbst-?)Betitelung als „Calcographus“ bemerkenswert (in anderen Druckwerken Winterburgers ist die korrektere Schreibweise chalcographus zu finden),[28] die auf seine Nähe zu den Humanisten sowie auf eine in der Forschung kaum thematisierte Tätigkeit Winterburgers als Drucker von Kupferstichen hinweist.[29] Darüber hinaus ist hier besonders wichtig, dass Winterburger nicht nur seine faktische Teilnahme an dieser Druckunternehmung (opera), sondern auch seine finanzielle Beteiligung (impensis) betont.

Der Antiphonarius enthält keinerlei Widmung, Wappen oder Vorwort, auch keine Abbildungen von Diözesanpatronen. All dies steht im Einklang mit Winterburgers Aussage im Kolophon bezüglich der Deckung der Druckkosten und bestätigt, dass keine Auftraggeber oder Sponsoren sich am Druckprojekt beteiligt haben. Somit kann man annehmen, dass der Antiphonarius ausschließlich aus der unternehmerischen Initiative Winterburgers entstanden ist. Dies führt zur Schlussfolgerung, dass der Antiphonarius für den Verkauf gedacht war.

[26] Vgl. Huglo 1996, S. 1419–1421; Huglo/Hiley 2001, S. 749; Giacomo Baroffio, Dizionario liturgico, <http://www.hymnos.sardegna.it/iter/pdf/2_Dizionario/b%20DIZIONARIO%20LITURGICO.pdf>, S. 12.

[27] Auch die online-Datenbank VDM und die Österreichische Nationalbibliothek verwenden die Benennung „Antiphonarius“.

[28] Vgl. C. W. Gerhardt, “Chalcographie”, in Lexikon des gesamten Buchwesens Online (2017).

[29] Vgl. Maschek 1936.