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Seelsorgliche Betreuung

Ute Monika Schwob

Die Betreuung der Laien durch den Klerus setzte eine kirchliche Organisation voraus, wie sie etwa für das der Metropole Salzburg unterstellte mittelalterliche Bistum Brixen gut erforscht und beschrieben ist:[2] Dort gab es im 12. Jahrhundert 53 Pfarreien, die bis etwa 1431 auf 58, bis 1478 auf 62 vermehrt wurden. Im Vergleich mit anderen Regionen Europas kann dies als erfreulich durchorganisiert gelten. Aber angesichts der geographischen Beschaffenheit eines Landes im Gebirge und an Flussläufen waren die Pfarrbezirke zu groß.

 

Abb. Brixen Umgebungskarte

Abb. Brixen Umgebungskarte

Panoramakarte von Brixen und Umgebung mit Kirchen und Kapellen. (Nach Widmoser, Eduard: Südtirol A–Z, Bd. 1, Innsbruck/München 1982, S. 211)

Sie umfassten oft mehrere Täler, so dass der Pfarrer mit seinen Kooperatoren, „Gesellpriester“ genannt, seinen seelsorglichen Pflichten wie Gottesdienst, Sakramentenspendung, Predigt, Armen- und Krankenfürsorge, Durchführung von Begräbnissen und anderem nicht ausreichend nachkommen konnte. Wenn zudem der zuständige Pfarrer ein Sammler von Pfründen war, der sich vor Ort von schlecht bezahlten Vikaren vertreten ließ, waren Einbußen für die Seelsorge absehbar. Ein Teil der Brixner Pfarreien wurde übrigens von Tiroler Klöstern und Stiften betreut, etwa von den Neustifter Augustinerchorherren, wobei die betroffenen Laien sich manchmal weniger mönchisch agierende Weltpriester wünschten. Mit bewundernswertem Glaubenseifer und erheblichem Arbeitsaufwand haben vom Pfarrzentrum weit entfernte Tiroler Gemeinden und Weiler, die „Malgreien“, im Spätmittelalter Filialkirchen und Kapellen erbaut und auf deren Versorgung mit Hilfspriestern gedrängt.

 

Abb. Kapelle St. Justina

Abb. Kapelle St. Justina

St. Justina (Assling) bei Lienz (Osttirol); eine hochgelegene Kapelle (1200 m), auf frühgeschichtlichen Resten gegründet. Im Spätmittelalter dem Chorherrenstift Neustift bei Brixen zugehörig.

(Nach 850 Jahre Augustiner Chorherrenstift Neustift, Neustift 1992, S. 208)

Diese Außenstationen waren durchwegs Stiftungen von Laien, etwa von Gemeinden, Bruderschaften, wohlhabenden Bauern oder landsässigen Adeligen, und wurden nicht selten durch spätere zusätzliche Dotationen weiter abgesichert. Mit der Zeit konnten landesweit auf Grund von Stiftsbriefen Kapläne eingesetzt werden. Diese waren entweder „exkurierend“, d. h. sie wohnten im Pfarrhof, oder „exponiert“, d. h. sie lebten am Ort der Filialkirche. Zumindest wurden von der Pfarre Frühmesspriester ausgesandt. Spitäler, Bruderschaften, Frauenklöster und Burgherren sorgten ebenfalls für eigene Kapläne. Die meisten Vikare, Kapläne, Frühmesspriester und Benefiziaten auf solchen Außenposten hatten noch Verpflichtungen zur Teilnahme an feierlichen Gottesdiensten und Prozessionen in ihrer zuständigen Pfarre, auch beim Beichthören und bei Versehgängen sollten sie aushelfen.

[2] Vgl. Trenkwalder 1986, 130–153.