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Predigt

Ute Monika Schwob

Wollte ein Brixner Laie eine Predigt hören, so musste er meistens weite, beschwerliche Wege zu seiner Pfarrkirche auf sich nehmen. Predigt war Aufgabe der Bischöfe und Pfarrer.[3] Allerdings ist von den wenigsten Brixner Bischöfen des Spätmittelalters bekannt, dass sie gepredigt haben. Für Pfarrer scheint die Predigt an Sonn- und Feiertagen jedoch als Pflicht gegolten zu haben, ebenso wie für die Pfarrangehörigen das Zuhören. Infolge von Stiftungen oder Sonderverträgen hatten auch manche Kapläne an Außenkirchen oder Personalkapläne, etwa die geistlichen Betreuer von Adelsfamilien auf Burgen, das Recht zu predigen. Vereinzelt und sehr spät wurden Predigerbenefizien begründet, vor allem das an der Barbarakapelle auf dem Brixner Friedhof zwischen Pfarrkirche und Dom, dessen Inhaber faktisch Domprediger war. Neben Weltpriestern waren auch Ordenspriester als Prediger tätig, etwa die Prämonstratenser von Wilten bei Innsbruck, die im ganzen Bistum das Wort Gottes verkündigen durften. Bereits seit dem frühen 13. Jahrhundert predigten in Brixen die Franziskaner, zuerst als Kapläne der Brixner Klarissen, später für das gesamte Volk der Diözese.

Besonders intensiv wurde in der Advents- und Fastenzeit gepredigt. Am Karfreitag durfte die sonst etwa halb- bis höchstens einstündige Predigt mehrere Stunden lang dauern. Es gab rhetorisch anspruchsvolle lateinische Sermones für den Klerus und volkssprachige Predigten für die Laien. Den spätmittelalterlichen Brixner Synodalstatuten gemäß sollten Letztere schlichte Glaubensunterweisung und sittliche Ermahnung enthalten: Glaubensbekenntnis, Vaterunser und die Zehn Gebote sollten deutsch vorgesprochen und besprochen werden. Weitere Themen waren die sieben Sakramente, die sieben Hauptsünden und die sechs Werke der Barmherzigkeit; ferner waren Messerklärungen und Stellungnahmen zu kirchlichen Geboten und Verboten vorgesehen. Gern gehört wurden die Legenden der jeweils gefeierten Heiligen mit deren wundergläubigen, zum Teil abergläubischen Zutaten. An den kirchlichen Jahresfestkreis hielten sich Evangelien- und Epistelerklärungen, oft nur dürftige Kommentare, die mit allerlei weltlichen Exempeln verknüpft wurden.

Seit der Mitte des 15. Jahrhunderts wurde auf Brixner Synoden wie beim Volk ein Niedergang der Predigtkultur beklagt. Manche Prediger brachten persönliche Händel oder politische Stellungnahmen auf die Kanzel, andere vergeudeten die Predigtzeit mit dem Verkünden von Jahrtagen, Totenzetteln, Eheaufgeboten oder bischöflichen Verordnungen und mit der Ankündigung kommender Feiertage und Prozessionen. Das „Volk“ rief immer lauter nach dem „reinen Evangelium“, was beim Klerus Sorge vor kontroversen, insbesondere reformatorischen und täuferischen Predigten auslöste. Auch von kirchlicher Seite wurde Kritik laut, vor allem an wundersüchtigen Legenden und allzu profanen Predigtmärlein. Im Verhalten der Prediger und ihrer Zuhörer zeigte sich aber vorerst wenig Initiative für Neugestaltung. Kurz vor der Reformation und den Tridentinischen Reformen wurde jedenfalls im Bistum Brixen eher unzulänglich gepredigt.

[3] Vgl. Trenkwalder 1984, 147–165; Trenkwalder 1985, 38–53.