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Vyol – Urlaub hab der wintter

Raitis Grigalis (Gesang), Marc Lewon (Cetra; Leitung), Baptiste Romain (Vielle)
um 1400-1410
s4, fol. 47v-48r
Argentum et Aurum. Musical Treasures from the Early Habsburg Renaissance
Naxos 2015
eingespielt im Auftrag des FWF-Projekts ,Musikleben’
Michaela Wiesbeck

Der Sängerdichter Neidhart machte im frühen 13. Jahrhundert Karriere im bayerischen und österreichischen Raum. Vermutlich siedelte er sich schließlich in der Nähe Wiens an. Sein Werk fand bis weit ins 15. Jahrhundert hinein zahlreiche Nachahmer. Der Neidhartschwank, der in der Sterzinger Miszellaneen-Handschrift (um 1410) unter dem Titel Vyol zu finden ist, könnte von Otto „Neidhart“ Fuchs stammen, der an den habsburgischen Höfen des 14. Jahrhunderts wirkte und am Wiener Stephansdom begraben liegt. Dieser sogenannte „Veilchenschwank“ ist die Ausgangsgeschichte aller Neidhartspiele des Spätmittelalters: In fünf Strophen erzählt der Protagonist Neidhart, wie er in die Frühlingsauen zieht, um das erste Veilchen des Jahres zu finden und es der Herzogin zu präsentieren. Zwei Bauernburschen beobachten ihn und setzen an die Stelle des Veilchens einen Kothaufen. Das Schicksal nimmt seinen Lauf …

Wie bekannt diese Geschichte war, zeigen die Neidhartfresken in den Wiener Tuchlauben 19, ebenso wie die Tuschezeichnung der Wiener Universität und das Neidhartgrab am Stephansdom, die Szenen aus dem Veilchenschwank abbilden. Im Lochamer-Liederbuch wird „Neidharts Veilchen“ zitiert.

Die rhythmisch freie Interpretation wechselt vereinzelt (und v.a. in den Zwischenspielen der Instrumentalisten) in den „Referenzrhythmus“.

Marc Lewon