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Se la face ay pale

à3: Ian Harrison (Schalmei), Gesine Bänfer (Pommer), Nathaniel Wood (Zugtrompete); à4: Ian Harrison (Schalmei), Hanna Geisel (Schalmei), Gesine Bänfer (Pommer), Nathaniel Wood (Posaune)
ca. 1462
fol. 424v-425r
eingespielt im Auftrag des FWF-Projekts ,Musikleben’
Gesine Bänfer

Die Ballade wird in dieser Einspielung von Bläsern der haute musique vorgetragen. Sie erklingt dreistimmig, wie im Original (um 1430), und vierstimmig, mit verändertem Tenor und einer Zusatzstimme.

Die Liebeslyrik des Textes entspricht mit ihren Wortspielen einer höfisch-literarischen Tradition. “Se la face ay pale/la cause est d’amer/ c’est la principale/et tant m’est amer/d’amer, qu’en la mer/ me voudroye voir./Or scet bien de voir/la belle a qui suis/que nul bien avoir/sans elle ne puis.”(Wenn ich ein blasses Gesicht habe, dann ist Liebe der Grund. Sie ist die Hauptsache, und so bitter ist mir das Lieben, dass ich mich im Meer versunken sehen möchte. Nun weiss die Schöne, der ich gehöre, sehr gut, dass ich ohne sie nichts Gutes haben kann.)

Unerklärt ist, wie die außerordentliche Musik zu diesem Text passen könnte: der scheinbar lebensfrische C-Dur-Klang (mit ein paar Moll-Trübungen), der tanzartige Dreierrhythmus, die Dreiklangsbrechungen, die am Ende zwischen den Stimmen wie Spielzeug hin- und hergeworfen werden. Du Fay hat einen berühmten Messzyklus über das Lied geschrieben (Savoyen, ca. 1452), der einerseits als Hochzeitsmesse, andererseits als Werk zur Verehrung des Turiner Grabtuchs interpretiert worden ist (Robertson 2010). Die Messe ist erhalten im Codex I-TRbc 88 (um 1456-60), die Ballade in I-TRbc 89 (um 1462): » F. Überlieferung europäischer Musik.

Reinhard Strohm