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La la hö hö

Ian Harrison (Schalmei), Gesine Bänfer (Pommer), Hanna Geisel (Pommer), Nathaniel Wood (Zugtrompete)
1500-1510
D-B Mus. ms. 40021, fol. 224v-225r
eingespielt im Auftrag des FWF-Projekts ,Musikleben’
Gesine Bänfer

Einer der ungewöhnlichsten Beiträge zu den Gattungen der Motette oder Instrumentalkanzone um 1500-1510 ist Isaacs vierstimmiges Stück, das in den Quellen „sol sol la la sol allahoy“ bzw. „La la hö ho“ betitelt ist und sonst keinerlei Text aufweist. Isaacs Kunst, aus einem ganz kurzen oder fragmentarischen cantus firmus – z.B. einem Solmisationsmotiv wie la mi la sol – eine vielgestaltige Komposition zu entwickeln, ist hier auf die Spitze getrieben, denn dieses Grundmotiv von acht Noten hat nur zwei verschiedene Tonhöhen. Als Ostinato wird es in allen Stimmen hartnäckig wiederholt und jeweils von den Partnerstimmen mit elegantem Kontrapunkt umrankt. Wie erst 1991 ermittelt werden konnte, ist das Grundmotiv von einem Derwisch-Ruf abgeleitet (“Lā ilāha illa’llāh” – “kein Gott außer Allah”), der mit einer ottomanischen Gesandtschaft nach Zentraleuropa (Innsbruck, Augsburg, Wien oder Linz?) gelangt sein könnte (vgl. Kap. Turkish dervish-music and European counterpoint, Notenbsp. La la hö hö). Trotz der vokalen Grundlage ist die Komposition für instrumentalen Vortrag geeignet und diente jedenfalls als weltlich-höfische Unterhaltungsmusik.

Reinhard Strohm