Hofkantorei und Kirche
Nicolaus Krombsdorfer wirkte in einer reichen musikalischen Umgebung, sowohl mit Sängern und Instrumentalisten der fürstlichen Privatsphäre als auch im Kirchendienst.[14] Die Hofkapläne Herzog Siegmunds dienten z. T. auch als Sänger: Krombsdorfer selbst wäre wohl nicht als Kaplan angestellt worden, hätten die Kapläne keinen Anteil an der Hofmusik gehabt. Daneben gab es „Cantoren“ – 1464–1472 wird Wilhelm Perger als solcher bezeichnet – und normalerweise vier Singknaben, die nach den allgemeinen Gepflogenheiten der Zeit mehrstimmig (Figuralmusik) gesungen haben dürften. Die Hofrechnungen verwenden den Titel „cantor“ für alle Sänger, ob sie nun in festem Dienst der Hofkantorei standen oder nur zu Besuch anwesend waren und einmalig entlohnt wurden;[15] eine leitende Kantorenfunktion in der Privatsphäre des Hofes einschließlich der Hofkapelle ist nicht nachweisbar. In der Pfarrkirche von St. Jakob war das Gesangspersonal ähnlich strukturiert wie an anderen größeren Kirchen mit Schulmeister, Junkmeister, erwachsenen Helfern und Singknaben. (Ein Vergleich mit Kirche und Schule in Bozen bietet sich an: » E. Bozen) Die Schulmeister waren seit spätestens um 1460 mit Figuralmusik vertraut; wegen der Zusammenarbeit zwischen Hof und Kirche dürfte der Mensuralcodex des späteren Innsbrucker Schulmeisters, Nicolaus Leopold (» D-Mbs Mus. Hs. 3154; » F.Geistliche Mehrstimmigkeit), manche Komposition enthalten, die mit Hilfe Krombsdorfers einstudiert wurde. Krombsdorfers Dienstreisen waren für die Kultur des Innsbrucker Hofes typisch; ob seine doppelte Spezialisierung als Hoforganist und zugleich Betreuer bzw. Musiklehrer der höfischen Singknaben etwas für die damalige Zeit Besonderes war, bleibt zu erforschen (vgl. auch » E. Bozen, » H. Jugendliche Musiker).
[14] Weitere Informationen zur Innsbrucker Hofmusik bei Senn 1954, Strohm 1993, 518–523, und Strohm 2001.
[15] Ein “Jeronime cantor”, der sicher von auswärts kam und nur einmal erwähnt ist, erhält 1463 eine Entlohnung von 4 £: TLA, Raitbücher Bd. 3 (1463–1466), fol. 569v. » A-Ila Raitb. 3-17.
[1] Tiroler Landesarchiv Innsbruck (TLA), Raitbücher Bd. 3 (1463–1466), fol. 282r. ().
[2] Auch das thüringische Kromsdorf bei Weimar ist nicht ganz auszuschließen.
[4] Wie z. B. in Bozen: vgl. » E. Bozen.
[7] TLA, Raitbücher Bd. 3 (1463–1466), fol. 638v. » A-Ila Raitb. 3-17.
[8] TLA, Raitbücher Bd. 4 (1466–1467), fol. 48r und 162v; auch Senn 1954, 11. » A-Ila Raitb. 3-17.
[9] TLA, Raitbücher Bd. 4 (1466–1467), fol. 114r. » A-Ila Raitb. 3-17.
[10] TLA, Raitbücher Bd. 4 (1466–1467), fol. 116r; vgl. auch Senn 1954, 11. » A-Ila Raitb. 3-17.
[11] TLA, Raitbücher Bd. 8 (1473), fol. 95r. » A-Ila Raitb. 3-17.
[12] TLA, Raitbücher Bd. 15 (1482), fol. 319v. » A-Ila Raitb. 3-17.
[13] TLA, Raitbücher Bd. 17 (1484), fol. 33r; vgl. auch Senn 1954, 11–12. » A-Ila Raitb. 3-17.
[14] Weitere Informationen zur Innsbrucker Hofmusik bei Senn 1954, Strohm 1993, 518–523, und Strohm 2001.
[15] Ein “Jeronime cantor”, der sicher von auswärts kam und nur einmal erwähnt ist, erhält 1463 eine Entlohnung von 4 £: TLA, Raitbücher Bd. 3 (1463–1466), fol. 569v. » A-Ila Raitb. 3-17.
[16] Lockwood 1984, 156 und 161; Strohm 1993, 519–520.
[17] Lockwood 1984, 47, 97, 317–318. Ein Dokument aus Ferrara nennt ihn “de Basilea”, was auf einer Verwechslung mit der Reise nach Basel beruhen mag oder seine tatsächliche Herkunft anzeigen könnte: Allerdings wird er in Innsbrucker Quellen nie so bezeichnet.
[18] Lockwood 1984, 50.
[19] Vgl. Strohm 1993, 545.
[20] Vgl. Lockwood 1984, 317–318.
[21] Vgl. Schuler 1975; Lockwood 1984, 131–132.
[22] Zu Martinis anhaltenden Kontakten mit Tirol vgl. » F. Musiker aus anderen Ländern.
[23] Senn 1954, 12, nach Moser 1929, 14. Der Tabulaturband (Bd. 1 der „Amerbach“-Sammlung) ist ediert in Marx, Hans Joachim (Hrsg.), Tabulaturen des XVI. Jahrhunderts. Teil 1: Die Tabulaturen aus dem Besitz des Basler Humanisten Bonifacius Amerbach¸ Basel 1967 (Schweizerische Musikdenkmäler 6), Nr. 7 (10 und 121), wo als Komponist unnötigerweise der Niederländer Nicolas Craen vorgeschlagen wird.
[24] TLA, Hs. 208 (Hofordnung 1478).
[25] Vgl. Strohm 1986/1987.
Empfohlene Zitierweise:
Reinhard Strohm: „Nicolaus Krombsdorfer“, in: Musikleben des Spätmittelalters in der Region Österreich <https://musical-life.net/essays/nicolaus-krombsdorfer> (2016).