Harfe
(Abb.: St. Leonhard zu Zwickenberg/Kärnten, unbekannter Meister, 1438; ©Carmen und Heinz Gaggl)
Aus früheren Harfenformen hatte sich die bis ins 15. Jahrhundert hinein die „gotische“ Form entwickelt, die eigentlich „Renaissanceharfe“ heißen sollte, weil sie zwar eine gotisch hochstrebende Form aufweist, aber in dieser Form erst ab dem 15. Jahrhundert und dann bis zum Ende des 16. Jahrhunderts anzutreffen ist. Die Saitenzahl – und damit der – wurde gegenüber den Harfenformen des 13. Jahrhunderts deutlich erhöht. Sie blieb ein genuin diatonisches Instrument, wurde aber auch für Polyphonie (ob solistisch oder im Ensemble) eingesetzt, die gewisse Halbtöne erfordert. Eventuell wurden die als diatonisch geltenden Stufen b-fa und b-mi nebeneinander in die Skala gesetzt. Vermutlich wurden je nach verwendetem Modus erfordliche Vorzeichen eingestimmt. Lokal auftretende musica ficta könnte z.T. geschickt umgangen, durch bestimmte Techniken abgegriffen oder als Teil der Harfenidiomatik schlicht ignoriert worden sein. Zwar gab es bereits mehrreihige Harfen, aber der Standard blieb die einreihige, diatonische.
Eine Besonderheit der spätmittelalterlichen und Renaissance-Harfe sind die „Schnarrhaken“, die am unteren Ende der Saiten so eingestellt wurden, dass die Saiten beim Anreißen dagegen vibrierten und ein schnarrendes Geräusch erzeugten. Dieser Klang wurde so stark mit dem Instrument der Harfe assoziiert, dass der Begriff „harpffen“ als Synonym für „Schnarren“ verwendet wurde, so z.B. von Sebastian Virdung in seiner „Musica getutscht“ von 1511 und im Lautenbuch des Vincenzo Capirola (1517). Im Französischen werden die Schnarrhaken „harpion“ genannt und noch Anfang des 17. Jahrhunderts wird von Michael Praetorius und Johann Haiden dem Älteren von „Harffenirender Resonanz“ und vom „harpffen und schnarren der Seitten“ gesprochen.
(Aufnahme mit freundlicher Genehmigung entnommen aus der CD „De arte saltandi - Die Tänze des Domenico da Piacenza (ca. 1450)“, Terem-Music 2015. Die Quellen enthalten nur die Tanzbeschreibung Domenicos ohne Melodie. Der musikalische Satz wurde von Sergei Yemelyanenkov entlang der Choreographie am Vorbild der erhaltenen Melodien neu erstellt.)