Scharlachrennen, Jahrmärkte, Spiele
Bis 1534 wurde zweimal jährlich das Wiener Scharlachrennen abgehalten, das ein Höhepunkt der gesellschaftlichen Festkultur war (» E. SL Spectaculum Scarlaci). Im 15. Jahrhundert fanden die Rennen jeweils am Montag nach dem Himmelfahrtstag und am Fest der hl. Katharina (25. November) statt. Die Hauptveranstaltung waren Pferderennen mit von der Stadt akkreditierten Pferden im Besitz der Bürger und Adligen; es wurden auch Wettläufe der “freyen knechte” (unverheiratete Diener) und der “freyen töchter” (unverheiratete Mägde) veranstaltet. Der Austragungsort war in der Gegend des heutigen St. Marx. Den Festzug dorthin führten Trommler und Pfeifer an; 1436 war auch ein Pauker dabei (1436, fol. 32v). Trompeter mit Standarten an den Instrumenten waren bereits an der Vorbereitung beteiligt, um den Festbeginn in der Stadt anzukündigen. Das Rennen wurde von Glockengeläut zu St. Stephan und der Freyung angekündigt und von “Rufern” ausgerufen (1487, fol. 25r).[40] 1456 sind drei berittene Trompeter und ein “Rufer” erwähnt (1456, fol. 34r). 1471 gab es mehrere “Ausrufer”, die mit Trompetern zusammen auf drei Pferden ritten. In anderen Jahren wurden außerdem Lautenschläger an der Tafel des Bürgermeisters entlohnt.[41] Höchstwahrscheinlich waren Musikinstrumente auch an der Durchführung des Rennens selbst beteiligt, doch fehlen genauere Beschreibungen. Dasselbe gilt für Turniere und Rennen des kaiserlichen Hofgesindes, die 1477 bis 1522 in der Stadt am Neuen Markt abgehalten wurden.[42]
Noch wenig erforscht ist die Musikpflege österreichischer Städte bei einer anderen Kategorie öffentlicher Feste, nämlich den Kirchweih- und Jahrmärkten. Selbstverständlich wurde der Beginn der Markttage von den Stadttürmern öffentlich angeblasen oder durch Glockenläuten angekündigt, letzteres z.B. in Hall i.T., 1462: “den auflegern” [Glockenläutern] “vom lewtn der grossn glockn vom ingang des marckts 1g.”[43] Aus den Stadtrechnungen des “Lichtamts” (Stadtkämmerei) von Wels geht hervor, dass Stadttürmer zur sogenannten “Bruderkirchweih” als Wachleute und Signalgeber und wohl auch zur Unterhaltung beitrugen.[44] In Linz wurden die Standgelder von “Bruder- oder Franziskaner-Kirchweih” (Ostermarkt) und Bartholomäimarkt zu drei Vierteln der Stadtpfarrkirche zugewendet, zumal die Märkte mit Messen verbunden waren.[45] Auch in Steyr hielt man Ostermarkt, Bruderkirchweihmarkt und Bartholomäimarkt ab, wahrscheinlich mit Musikdarbietungen jedenfalls am Rande.[46]
Instrumentalklänge begleiteten auch geistliche und weltliche (Theater-)Spiele. Im Innsbrucker (aus Thüringen stammenden) Spiel zu Maria Himmelfahrt (A-Iu Cod. 960) werden gegen Ende die Spielleute aufgefordert zu “schlagen” und zu “paucken”; die Tiroler Spieltradition erfordert Instrumente bisweilen durch die Regieanweisungen (» H. Kap. Die geistliche Spieltradition). Die Mitwirkung von (Stadt-?)Pfeifern zum Tanz ist u.a. im Kontext von Neidhartspielen und zu Bauerntänzen bezeugt (» H. Kap. Gesang und Tanz in den Neidhartspielen; » H. Kap. Bauerntanz in den Neidhartspielen).[47]