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Laus tibi, Christe

Franz Vitzthum (Cantus), Gerhard Hölzle (Tenor), Klaus Wenk (Contratenor)
  • Gesang
Graz oder Tirol, um 1435-1444
I-TRbc 87, fol. 67v-69v
Flos virginum. Motetten und Cantionen
cpo 2015
eingespielt im Auftrag des FWF-Projekts ,Musikleben’
Stephan Reh

Laus tibi Christe, qui es creator (nicht identisch mit Laus tibi christe, qui pateris) ist die Sequenz für die Hl. Maria Magdalena, die Gottschalk von Limburg (†1098) zugeschrieben wird. Der frommen Büßerin und Einsiedlerin zu Ehren veranstaltete man oft Prozessionen zu außerhalb der Städte liegenden Kapellen, z.B. in Bozen (St. Magdalena in Prazoll).

In der Vertonung von Jo(hannes) Roullet (oder “Roller”) – vgl. Abb. Codex Trient 87 – sind die ungeradzahligen Verse einstimmig, jedoch in  rhythmischer Notation gesetzt (» B. Rhythmischer Choralgesang); die geradzahligen sind kurze Versetten in dreistimmigem, chansonartigen Satz des frühen 15. Jahrhunderts. Der Komponist, der vielleicht aus Roulers (Flandern) stammte, ist der Autor von 14 Kompositionen, die alle in der Region Österreich überliefert sind. Johannes Lupi hat seine Stücke sogar in zwei verschiedenen Handschriften kopiert (A-ZW o. Sign. und I-TRbc87). Zu mehreren davon sind deutsche oder lateinische Kontrafakturtexte angegeben (» B. Spätmittelalterliche Volkslieder); die Originale waren somit wohl französisch textiert. Vermutlich wirkte Roullet in Wien oder anderswo in der Region um 1430-1450. Möglicherweise entstand die Vertonung von Laus tibi Christe für die Magdalenenkapelle der Wiener Schreiberzeche, deren Schutzpatronin Maria Magdalena war.

Reinhard Strohm